Überblick

Entsendung: Steuerregeln für befristete Auslandstätigkeiten

06.09.2024
Wer im Auftrag des Arbeitgebers oder der Arbeitgeberin für mehrere Monate in ein anderes Land geschickt wird, muss einige Steuerregeln beachten.

Für Henning geht ein Traum in Erfüllung: Sein Arbeitgeber entsendet ihn für zwei Jahre befristet in einen anderen Staat zum Arbeiten. Neben vielen Vorbereitungen, die Henning jetzt treffen muss, hat er auch Fragen hinsichtlich der Besteuerung. Muss er nun in Deutschland seinen Lohn versteuern oder im Tätigkeitsland?

Die Grundregel besagt, dass natürliche Personen immer dort steuerpflichtig sind, wo sie ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben. Dabei ist entscheidend, dass sie länger als sechs Monate dort wohnen – egal ob sie eine eigene Wohnung beziehen oder zunächst nur eine Ferienwohnung gemietet haben. Ist dies der Fall, wird das gesamte inländische und ausländische Einkommen dort versteuert, wo man lebt. Diese Regel nennt sich Welteinkommensprinzip.

Bei Eheleuten gilt, dass ein Ehegatte – sofern die Ehegatten nicht dauernd getrennt leben – seinen Wohnsitz prinzipiell dort hat, wo seine Familie lebt.

Abkommen schlägt Regel

Zwischen vielen Staaten bestehen Doppelbesteuerungsabkommen, die unter anderem regeln, in welchem Staat Steuern zu zahlen sind, wenn der Tätigkeitsstaat (wo man arbeitet) und der Ansässigkeitsstaat (wo man wohnt) nicht identisch sind. In den meisten Abkommen ist festgelegt, dass Steuern in dem Staat zu entrichten sind, in dem gearbeitet wird. Dabei liegt der Ort der Arbeitsausübung grundsätzlich dort, wo man sich zur Ausführung der Tätigkeit persönlich aufhält. Egal ist in diesem Zusammenhang, woher oder wohin die Zahlung des Arbeitslohns geleistet wird oder an welchem Ort der Wohnsitz ist.

Das Problem ist, dass man grundsätzlich in beiden Statten Steuern auf den Lohn zahlen muss. Also zum einen in dem Staat, in dem man arbeitet, und zum anderen in Deutschland, wo der eigentliche Hauptwohnsitz ist.

Doppelbesteuerungsabkommen funktionieren dann so: Über die sogenannte Freistellungsmethode werden die Einnahmen in Deutschland von der Einkommensteuer regelmäßig freigestellt. Das heißt, dass keine Steuern in Deutschland fällig werden. Allerdings können sie bei der Bemessung des Steuersatzes (für eventuelle weitere Einkünfte, zum Beispiel aus Vermietung und Verpachtung) berücksichtigt werden. Das Ganze nennt sich Progressionsvorbehalt.

Da Henning für zwei Jahre in einem anderen Staat arbeiten wird, will er komplett umziehen und seine Wohnung in Deutschland kündigen. Dadurch wird sein Tätigkeitsstaat auch zum neuen Ansässigkeitsstaat, und in der Regel muss Henning nur noch in seinem Gastland Steuern zahlen, denn ein vermietetes Haus oder andere Einkünfte hat er in Deutschland nicht. Da die Entsendung allerdings auf zwei Jahre beschränkt ist, bleibt er in Deutschland sozialversicherungspflichtig. Das gilt normalerweise für alle EU-Staaten oder Länder des EWR.

ÜBRIGENS:

Hält sich ein Arbeitnehmer oder eine Arbeitnehmerin nicht länger als sechs Monate im Tätigkeitsstaat auf und kommt der Arbeitslohn aus Deutschland von einem dort ansässigen Unternehmen – also nicht von einer Betriebsstätte des Unternehmers im Tätigkeitsstaat – muss er oder sie weiterhin in Deutschland Steuern zahlen. Mehr dazu in unserem Artikel: 183-Tage-Regelung: Was ist das?

Hat die Firma allerdings ein Tochterunternehmen mit Sitz im Tätigkeitsland, und man schließt mit diesem einen neuen Vertrag ab, dann hat man nun einen ausländischen Arbeitgeber und muss im Tätigkeitsland Steuern zahlen – egal wie lange der Aufenthalt dauert.

Länder ohne Abkommen

Hennings Schwester Frederike arbeitet in der Entwicklungshilfe. Sie wird von ihrer deutschen Arbeitgeberin befristet in einen afrikanischen Staat entsendet, mit dem Deutschland kein Abkommen hat. Für sie gelten folgende Regeln:

  1. Entsendung kürzer als 6 Monate – Wohnort in Deutschland: Bei befristeten Auslandsentsendungen bis zu einem halben Jahr kommt es häufig vor, dass der Wohnort in Deutschland beibehalten wird und auch die Familie nicht mit in den Tätigkeitsstaat zieht. In diesem Fall gilt: Wer in Deutschland den Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt hat, ist in Deutschland mit dem kompletten Welteinkommen unbeschränkt steuerpflichtig.

    Darüber hinaus ist im Falle einer Auslandstätigkeit auch immer das Tätigkeitsland berechtigt, Steuern zu erheben. Voraussichtlich wird das Tätigkeitsland in einem solchen Fall allerdings darauf verzichten.
     
  2. Entsendung kürzer als 6 Monate – Wohnort im Ausland: Wer ungebunden ist und gerne umzieht, kann auch bei einer kurzen Auslandsentsendung seinen Wohnort zum Tätigkeitsort verlegen. Dabei gilt: Dauert eine Auslandstätigkeit weniger als 183 Tage, ist man trotz Umzug auch weiterhin in Deutschland steuerpflichtig – wenn man hier im restlichen Jahr seinen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt hat.

    Darüber hinaus ist im Falle einer Auslandstätigkeit auch immer das Tätigkeitsland einkommensteuerberechtigt.
     
  3. Entsendung länger als 6 Monate – Wohnort in Deutschland: Auch bei einer befristeten Entsendung, die länger als ein halbes Jahr dauert, kann es vorkommen, dass der Wohnsitz in Deutschland behalten wird. Das ist zum Beispiel der Fall, wenn es sich um einen Auslandseinsatz handelt und man am Tätigkeitsort untergebracht wird. Für diese Personengruppe gilt in der Regel, dass sie weiterhin mit ihrem kompletten Einkommen in Deutschland steuerpflichtig sind.

    Darüber hinaus ist im Falle einer Auslandstätigkeit auch immer das Tätigkeitsland berechtigt, Einkommensteuer zu erheben. Arbeitnehmende haben allerdings die Möglichkeit, sich die im Tätigkeitsland gezahlte Steuer in Deutschland anrechnen zu lassen.
     
  4. Entsendung länger als 6 Monate – Wohnort im Ausland: Sind Arbeitnehmende für ein internationales Unternehmen tätig und werden befristet entsendet, nutzen sie häufig die Möglichkeit, als Expatriate mit der ganzen Familie in einem anderen Land leben zu können – auch wenn es nur für ein bis zwei Jahre ist. Der Hauptwohnsitz in Deutschland wird dann aufgegeben. Dabei gilt, dass sie ihr gesamtes Einkommen im Tätigkeitsland versteuern müssen. In Deutschland sind sie nur noch beschränkt steuerpflichtig, wenn beispielsweise das Haus vermietet wird, sie also noch Einkünfte im Heimatland haben.

Auf Frederikes befristeten Auslandsaufenthalt trifft Variante a) zu, denn sie wird nur vier Monate in Afrika verbringen und in einer Unterkunft ihrer Arbeitgeberin leben. Sie bleibt daher in Deutschland steuerpflichtig.

Wichtig zu wissen: Wer in Deutschland steuerpflichtig ist, kann auch bei einer Entsendung Werbungskosten absetzen. Dazu gehören beispielsweise Fahrt-, Übernachtungs- und Reisenebenkosten sowie Ausgaben für eine doppelte Haushaltsführung – wenn diese der Arbeitgeber bzw. die Arbeitgeberin nicht übernimmt. Zudem lässt sich für die ersten drei Monate der Auslandsentsendung der Verpflegungsmehraufwand geltend machen.

Anrechnungsmethode

Arbeitet man in einem Staat, mit dem kein Doppelbesteuerungsabkommen besteht, kann man die im Ausland festgesetzte, entrichtete und keinem Ermäßigungsanspruch unterliegende Steuer auf die deutsche Einkommensteuer anrechnen lassen. Die ausländische Steuer wird dabei vom Finanzamt nur bis zu einem Höchstbetrag angerechnet, der nach der Formel des § 34c Abs. 1 Satz 2 EStG berechnet wird.

Auslandstätigkeitserlass: Steuerfreiheit für bestimmte Tätigkeiten

Durch den sogenannten Auslandstätigkeitserlass (ATE) hat die Finanzverwaltung die Möglichkeit, unbeschränkt steuerpflichtige Arbeitnehmende, die im Ausland tätig sind, komplett von der Besteuerung auszunehmen.

Ein Auslandstätigkeitserlass ist allerdings nur möglich, wenn

  • es sich um eine/n inländische/n Arbeitgeber/in handelt,
  • mit dem Land kein Doppelbesteuerungsabkommen besteht,
  • die Dauer der Tätigkeit ununterbrochen über drei Monate dauert und
  • die Tätigkeit im Zusammenhang mit der Aufstellung oder Instandhaltung von Wirtschaftsgütern steht, dem Aufsuchen oder der Gewinnung von Bodenschätzen gilt oder Entwicklungshilfe geleistet wird.

Auf Frederike treffen diese Bedingungen zu, und dank Auslandstätigkeitserlass muss sie für ihre Arbeit in Afrika gar keine Steuern zahlen. Ihr Bruder Henning hingegen arbeitet für ein normales Unternehmen und er reist zudem in ein Land mit Abkommen. Er bleibt steuerpflichtig.

ÜBRIGENS:

Für Entwicklungshelfer/innen, den Katastrophenschutz oder Soldaten und Soldatinnen gibt es einige Zuschläge für eine Auslandstätigkeit, die häufig steuerfrei sind.

Auslandszulagen als Anreiz für Entsendungen

Henning wollte schon immer mal in einem anderen Staat arbeiten. Daher hätte es weitere Anreize eigentlich gar nicht gebraucht. Dennoch hat sein Arbeitgeber ihm zugesagt, dass er sowohl die Umzugskosten für die ganze Familie als auch die Schulgebühr für Hennings Kinder zahlen wird. Und auch ein Dienstwagen wäre möglich gewesen, doch er wird seinen Familien-Van ins Gastland mitnehmen. Steuerfrei sind diese Auslandszulagen allerdings nur unter bestimmten Bedingungen. Mehr dazu in unserem Artikel: Was ist ein geldwerter Vorteil?

Kaufkraftzuschlag: Steuerfrei bei befristeter Tätigkeit

Wer im Auftrag des Arbeitgebers oder der Arbeitgeberin vorübergehend einer Auslandstätigkeit nachgeht, kann einen steuerfreien Kaufkraftzuschlag bekommen. Denn in vielen Ländern sind die Lebenshaltungskosten höher als in Deutschland. Dieser Kaufkraftzuschlag kann bis zu 40 Prozent des Arbeitslohns betragen.

Doch damit das zusätzliche Geld auch tatsächlich steuerfrei bleibt, müssen folgende Voraussetzungen erfüllt sein:

  • Der/Die Arbeitnehmende hat den Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt im Tätigkeitsstaat. (Davon geht man aus, wenn man für mindestens sechs Monate entsandt wird.)
  • Der dienstliche Auslandsaufenthalt ist befristet.
  • Der Kaufkraftzuschlag wird als gesonderter Lohnbestandteil auf der Gehaltsabrechnung ausgewiesen.

Die Höhe des Kaufkraftzuschlags hängt von dem Land ab, in das der Arbeitnehmer oder die Arbeitnehmerin geschickt wird. In der Schweiz gibt es seit Juli 2024 beispielsweise bis zu 25 Prozent und in Japan bis zu 20 Prozent des Arbeitslohns. Aber nicht für jedes Land gibt es einen steuerfreien Zuschlag. Wer zum Beispiel in Spanien, Luxemburg oder Marokko arbeitet, geht leer aus.

Das Bundesfinanzministerium legt in der Regel vierteljährlich die Sätze für den Kaufkraftzuschlag fest.

ÜBRIGENS:

Steigt ein Kaufkraftzuschlag rückwirkend, darf der Arbeitgeber bzw. die Arbeitgeberin den Mitarbeitenden zu viel einbehaltene Lohnsteuer erstatten. Sinkt der Satz rückwirkend, müssen Arbeitnehmende aber nichts zurückzahlen.

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