Progressionsvorbehalt: Warum Lohnersatzleistungen die Steuer erhöhen
16.09.2024Wenn Ihr/e Arbeitgeber/in Ihnen – aus welchem Grund auch immer – das volle Gehalt nicht mehr zahlt, erhalten Sie Entgeltersatzleistungen, auch Lohnersatzleistungen oder Einkommensersatzleistungen genannt. Diese müssen Sie oft bei der zuständigen Stelle selbstständig beantragen.
Folgende staatliche Zahlungen zählen zu den Lohnersatzleistungen:
- Arbeitslosengeld I
- Elterngeld
- Insolvenzgeld
- Krankengeld und Verletzungsgeld
- Kurzarbeitergeld und Winterausfallgeld
- Mutterschaftsgeld
- Übergangsgeld
- Aufstockungsbeiträge und Zuschläge bei Altersteilzeit
Diese Lohnersatzleistungen sind für Sie steuerfrei, es gilt aber der sogenannte Progressionsvorbehalt. Das heißt: Sie werden zur Berechnung Ihres Steuersatzes erfasst und führen so zu einem höheren Prozentsatz, mit dem Ihr restliches Einkommen versteuert wird. Deshalb müssen Sie in Ihrer Steuererklärung alle Lohnersatzleistungen angeben.
Progressionsvorbehalt beeinflusst den Steuersatz
Ein Beispiel macht das Prinzip Progressionsvorbehalt klarer: Harald ist drei Monate arbeitslos, bevor er eine neue Stelle findet. Während der Arbeitslosigkeit hat er von der Agentur für Arbeit 3.780 Euro Arbeitslosengeld steuerfrei bekommen. Danach hat er neun Monate in seinem neuen Job gearbeitet und steuerpflichtiges Einkommen in Höhe von 31.500 Euro verdient.
STEUER ABC
Was ist der persönliche Steuersatz?
Bei Harald läge der persönliche Steuersatz 2024 für die 31.500 Euro bei 15,49 Prozent. Nun addieren aber die Finanzbeamten die 3.780 Euro Arbeitslosengeld I zum Lohn dazu. Das macht 35.280 Euro. Erst dann berechnen Sie den Steuersatz. Der liegt nun bei 17,04 Prozent. Der Progressionsvorbehalt erhöht also Haralds Steuersatz um 1,55 Prozent, und er muss sein Einkommen von 31.500 Euro mit 17,04 Prozent versteuern. Sein Arbeitslosengeld bleibt weiterhin steuerfrei.
ÜBRIGENS:
Auch Einkünfte aus anderen Staaten, die durch ein Doppelbesteuerungsabkommen zwischen Deutschland und dem jeweiligen anderen Staat in Deutschland steuerfrei sind, können dennoch dem Progressionsvorbehalt unterliegen.
Ab 410 Euro muss eine Steuererklärung abgegeben werden
Wenn Sie steuerfreie Lohnersatzleistungen von mehr als 410 Euro im Jahr erhalten, besteht die Pflicht zur Abgabe einer Steuererklärung. Zu diesem Zweck sollten Sie automatisch, von jeder Stelle, von der Sie Lohnersatzleistungen erhalten, eine "Bescheinigung für das Finanzamt" bekommen haben, oder Sie finden einen Eintrag darüber auf Ihrer Lohnsteuerbescheinigung.
Zudem melden die Behörden seit 2011 die gezahlten Einkommensersatzleistungen elektronisch an das Finanzamt. Geben Sie dann trotz gesetzlicher Pflicht keine Steuererklärung ab, droht Ihnen unter Umständen ein Verspätungszuschlag.
ÜBRIGENS:
Zeiten, in denen Sie Entgeltersatzleistungen erhalten haben, werden rentenrechtlich als Beitragszeiten berücksichtigt.
Lohnersatzleistungen in die Steuererklärung eintragen
Lohnersatzleistungen, die auf Ihrer Lohnsteuerbescheinigung stehen, tragen Sie in Anlage N Ihrer Steuererklärung ein. Hier ibt es zum Beispiel extra eine Zeile für Kurzarbeitergeld, den Zuschuss zum Mutterschaftsgeld sowie Zuschläge und Aufstockungsbeiträge.
Alle anderen Lohnersatzleistungen vermerken Sie im Hauptvordruck unter "Einkommensersatzleistungen". In der Zeile für "- die dem Progressionsvorbehalt unterliegen...", können Sie beispielsweise Ihr bezogenes Arbeitslosengeld, eine Verdienstausfallentschädigung und andere vergleichbare Leistungen eintragen.
Wichtig: Achten Sie darauf, dass jede Lohnersatzleistung nur einmal in Ihrer Steuererklärung steht, also entweder in Anlage N oder im Hauptvordruck.
ÜBRIGENS:
Das Pflegeunterstützungsgeld ist eigentlich auch eine Entgeltersatzleistung, unterliegt aber nicht dem Progressionsvorbehalt und muss daher auch nicht in der Steuererklärung angeben werden.
Auch Lohnersatzleistungen aus dem EU-Ausland sind steuerfrei
Beziehen Sie Lohnersatzleistungen aus einem Land der Europäischen Union (EU), Island, Liechtenstein, Norwegen oder der Schweiz, sind diese in Deutschland steuerfrei. Sie unterliegen aber auch dem Progressionsvorbehalt. Das heißt: Ab 410 Euro müssen Sie die Lohnersatzleistungen in Ihre Steuererklärung eintragen.
ÜBRIGENS:
Die Steuerfreiheit gilt seit 29. Februar 2012. Davor waren Einkommensersatzleistungen aus dem Ausland steuerpflichtig.
Sie sind unsicher, ob und wo Sie Ihre Lohnersatzleistung eintragen müssen? Unsere Berater/innen machen Ihnen die Steuererklärung.