Urlaubsabgeltung: Ein gesetzliches Recht
01.07.2024Jede/r Arbeitnehmende – dazu zählen auch Auszubildende – hat in jedem Kalenderjahr ein gesetzliches Recht auf bezahlten Urlaub. Dieser Anspruch kann auch nicht durch Vereinbarungen im Arbeitsvertrag umgangen werden. Laut Bundesurlaubsgesetz (BUrlG) müssen es bei einer Sechs-Tage-Woche mindestens 24 Werktage sein. Das sind dann vier Wochen Urlaub (24:6). Natürlich kann Ihre Chefin oder Ihr Chef Ihnen auch mehr Urlaubstage zugestehen – aber nicht weniger.
Wer eine Fünf-Tage-Woche hat, kann sich seinen Mindesturlaubsanspruch so ausrechnen:
- 24 Tage : 6 Tage = 4 Wochen Urlaub
- 4 Wochen x 5 Tage = 20 Urlaubstage
Wer weniger als fünf Tage pro Woche arbeitet, setzt beim zweiten Rechengang einfach die entsprechende Anzahl der Tage ein.
ÜBRIGENS:
Arbeitgebende müssen laut Bundesurlaubsgesetz berücksichtigen, wann Arbeitnehmer/innen Urlaub nehmen möchten. Auf ihren Terminwünschen bestehen können sie jedoch nicht. Dringende betriebliche Belange können Vorrang haben, ebenso wie die Urlaubswünsche von Kolleginnen und Kollegen, die zum Beispiel schulpflichtige Kinder haben und an die Ferientermine gebunden sind.
Wenn der Resturlaub ausbezahlt wird
Doch was passiert, wenn Ihr Arbeitsverhältnis endet, Sie aber noch Resturlaub haben? Grundsätzlich gilt, dass Urlaub „in Natur“ genommen werden muss. Das heißt: Sie werden von der Arbeit freigestellt, können Ferien machen und bekommen weiterhin Ihr Gehalt. Eine Auszahlung von Urlaubstagen ist im Normalfall nicht erlaubt.
Wenn Ihr Arbeitsverhältnis aber endet und Sie Ihre verbliebenen Urlaubstage nicht mehr nehmen konnten, dann steht Ihnen die sogenannte Urlaubsabgeltung zu. Auch das ist im Bundesurlaubsgesetz geregelt: „Kann der Urlaub wegen Beendigung des Arbeitsverhältnisses ganz oder teilweise nicht mehr gewährt werden, so ist er abzugelten“, heißt es dort.
Wichtig: Es ist völlig egal, aus welchem Grund das Arbeitsverhältnis endet. Ob Ihnen gekündigt wurde, Sie selbst gekündigt haben, ein befristeter Arbeitsvertrag ausläuft oder Sie in Rente gehen: Wenn Sie noch Urlaubstage übrig haben, die Sie nicht mehr abfeiern konnten, muss der Arbeitgeber bzw. die Arbeitgeberin Ihnen diese ausbezahlen.
ÜBRIGENS:
Selbst wenn ein Arbeitsverhältnis dadurch endet, dass die arbeitnehmende Person stirbt, verfällt der Anspruch auf Urlaubsabgeltung nicht. Dann haben die Erben ein Recht auf Ausbezahlung. Das hat das Bundesarbeitsgericht im Jahr 2019 entschieden (9 AZR 45/16).
Berechnung der Urlaubsabgeltung
Wird der Urlaub finanziell abgegolten, müssen die Urlaubstage in Geld umgerechnet werden. Da ein Urlaubstag einem Arbeitstag entspricht, muss man wissen, wieviel ein Arbeitstag wert ist.
1. Beispiel: Vollzeitstelle
Anna arbeitet in Vollzeit, hat eine Fünf-Tage-Woche und verdient 3.250 Euro brutto im Monat.
Zunächst muss das Wochengehalt errechnet werden. Dazu wird im ersten Schritt das Quartalsgehalt berechnet, also das Gehalt für drei Monate:
- 3.250 Euro x 3 Monate = 9.750 Euro
Da ein Quartal, also ein Kalendervierteljahr, 13 Wochen hat, wird anschließend das Quartalsgehalt durch 13 geteilt, um auf das Wochengehalt zu kommen:
- 9.750 Euro : 13 Wochen = 750 Euro
Annas Wochengehalt liegt damit bei 750 Euro brutto. Um den Lohn für einen Tag zu berechnen, wird dieser durch die Anzahl der Arbeitstage pro Woche geteilt:
- 750 Euro : 5 Tage = 150 Euro
Ein Arbeitstag von Anna ist also 150 Euro brutto wert.
Nun endet ihr Arbeitsverhältnis, und sie hat noch elf Urlaubstage, die sie nicht mehr nehmen konnte:
- 150 Euro x 11 Tage = 1.650 Euro
Somit hat Anna Anspruch auf eine Urlaubsabgeltung in Höhe von 1.650 Euro.
2. Beispiel: Teilzeitstelle
Jonas arbeitet in Teilzeit, hat eine Drei-Tage-Woche und verdient 1.950 Euro brutto im Monat. Auch er hat zum Ende seines Arbeitsverhältnisses noch elf Tage Resturlaub, die er nicht abfeiern konnte.
Dann sieht die Rechnung so aus:
- 1.950 Euro x 3 Monate = 5.850 Euro
- 5.850 Euro : 13 Wochen = 450 Euro
- 450 Euro : 3 Tage = 150 Euro
- 150 Euro x 11 Tage = 1.650 Euro
Auch Jonas bekommt also 1.650 Euro als Urlaubsabgeltung.
ÜBRIGENS:
Wenn Sie neben Ihrem Festgehalt monatliche Umsatzprovisionen erhalten, dürfen diese bei der Berechnung der Urlaubsabgeltung nicht außer Acht gelassen werden.
Urlaubsabgeltung wird voll versteuert
Und was bedeutet es für Sie als Steuerzahler/in, wenn Sie eine Urlaubsabgeltung erhalten haben? Eindeutige Antwort: Auf Urlaubsabgeltung sind Steuern und Sozialabgaben fällig. Sie fällt in die Kategorie „Sonstige Bezüge“. Also werden davon sowohl Lohnsteuer sowie gegebenenfalls Kirchensteuer und Solidaritätszuschlag, als auch Beiträge zur Kranken-, Renten- und Pflegeversicherung abgezogen.
Das Finanzgericht Hamburg hat 2019 entschieden, dass ein Urlaubsabgeltungsanspruch keinen Schadensersatzanspruch darstellt. Das wäre unter Umständen steuerfrei. Er gilt vielmehr als nachträgliche Lohnzahlung. Eine Abgeltung von Urlaub für mehrere Jahre stellt auch keine Vergütung für eine mehrjährige Tätigkeit dar und unterliegt damit auch nicht der Tarifermäßigung nach der so genannten Fünftelregelung. Es gibt als keine Möglichkeit der ermäßigten Besteuerung. (6 K 80/18)
ÜBRIGENS:
Regelmäßig wird nicht genommener Jahresurlaub auf das nächste Kalenderjahr übertragen. Ein gesetzliches Recht auf eine solche Regelung gibt es allerdings nicht: „Eine Übertragung des Urlaubs auf das nächste Kalenderjahr ist nur statthaft, wenn dringende betriebliche oder in der Person des Arbeitnehmers liegende Gründe dies rechtfertigen“, heißt es im Bundesurlaubsgesetz. Im schlimmsten Fall verfällt der Urlaub dann, da eine Auszahlung gesetzlich nicht vorgesehen ist.
Arbeitsvertrag genau beachten
Da Arbeitnehmende ein gesetzliches Recht auf eine eventuell fällig werdende Urlaubsabgeltung haben, kann man diese nicht im Arbeitsvertrag ausschließen. Allerdings gelten sogenannte Ausschlussfristen auch für den Anspruch auf Urlaubsabgeltung. Und solche sind in den meisten Verträgen enthalten.
So kann zum Beispiel im Rahmentarifvertrag oder im Arbeitsvertrag vereinbart sein, dass alle gegenseitigen Ansprüche verfallen, wenn sie nicht spätestens binnen drei Monaten ab dem Tag der Fälligkeit geltend gemacht werden. Haben Sie nach dem Ende Ihres Arbeitsverhältnisses noch Resturlaub, der nicht automatisch ausbezahlt wurde, sollten Sie Ihren Anspruch rechtzeitig bei Ihrer Firma geltend machen, und zwar schriftlich oder notfalls per Klage.
ÜBRIGENS:
Die Agentur für Arbeit muss für die Zeit, die dem Urlaubsabgeltungsanspruch entspricht, kein Arbeitslosengeld bezahlen. So steht es im Sozialgesetzbuch. Das heißt: Erhalten Sie nach dem Ausscheiden aus dem Arbeitsverhältnis Arbeitslosengeld, dann ruht der Anspruch auf Arbeitslosengeld für diese Zeit.