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Wem nützt die Kleinunternehmerregelung?

25.11.2024
Die Kleinunternehmerregelung bietet viele Vorteile für kleine Gewerbetreibende und Teilzeit-Selbstständige. Wir erklären, wie die Regelung funktioniert und für wen sie geeignet ist.

Weniger Papierkram, weniger Stress: Die Kleinunternehmerregelung macht es Teilzeit-Selbstständigen und Existenzgründenden leichter, ihre Steuern zu managen. Für viele ist das eine praktische Lösung, um den Start ins eigene Business zu vereinfachen. Doch nicht in jedem Fall ist diese Vereinfachung die beste Wahl.

So funktioniert die Kleinunternehmerregelung

Zunächst die Grundlagen: Das Gesetz gewährt Unternehmerinnen und Unternehmern mit niedrigen Umsätzen die Wahl, wie Nicht-Unternehmende behandelt zu werden. Das bedeutet, dass die Umsätze steuerfrei sind, wenn 2025 folgende Voraussetzungen erfüllt werden:

  1. Der Umsatz lag im vergangenen Jahr nicht höher als 25.000 Euro, und
  2. der Umsatz wird voraussichtlich im laufenden Jahr 100.000 Euro nicht übersteigen.

Dies nennt man dann die Kleinunternehmerregelung nach Paragraf 19 des Umsatzsteuergesetzes (UStG). Die Zahlen von 25.000 und 100.000 Euro gelten für das ganze Jahr. Wer seine Selbstständigkeit nur für einige Monate im vergangenen Jahr ausgeübt hat, muss den Umsatz aufs ganze Jahr hochrechnen.

Wenn Sie zum Beispiel mit einem Nebengewerbe in sieben Monaten von Juni bis Dezember insgesamt 7.000 Euro Umsatz gemacht haben, so beträgt der (hochgerechnete) Jahresumsatz 7.000 Euro geteilt durch sieben Monate gleich 1.000 Euro monatlich, multipliziert mit 12 Monaten gleich 12.000 Euro – und liegt damit unter der Grenze von 25.000 Euro.

Wird die Grenze von 100.000 Euro innerhalb eines Jahres überschritten, endet die Steuerbefreiung mit sofortiger Wirkung. Ab dem Zeitpunkt der Überschreitung gilt die Regelbesteuerung.

Die Vorteile für Kleinunternehmer

Als Kleinunternehmer/in brauchen Sie keine monatliche oder vierteljährliche Umsatzsteuervoranmeldung abgeben und dürfen auf Ihren Rechnungen auch keine Umsatzsteuer ausweisen. Dadurch können Sie niedrigere Preise anbieten als Ihre Konkurrenz, die nicht unter die Kleinunternehmerregelung fällt.

Ihre Vorteile zusammengefasst:

  • Vereinfachte Buchhaltung
  • Wegfall der monatlichen oder vierteljährlichen Umsatzsteuervoranmeldung
  • Günstigere Preise für Privatkunden durch den Wegfall der Umsatzsteuer

Die Nachteile der Kleinunternehmerregelung

Wenn Sie die Kleinunternehmerregelung wählen, dürfen Sie im Gegenzug auch keine Vorsteuer-Abzüge geltend machen. Wenn Sie beispielsweise für Ihre Kleingründung einige Neuanschaffungen hatten, mussten Sie dafür zum Teil eine ganze Menge Mehrwertsteuer zahlen. Diese Vorsteuer könnten Sie sich als „normale/r“ Unternehmer/in vom Fiskus zurückholen, indem Sie sie eine Voranmeldung machen. Als Kleinunternehmer/in haben Sie diese Möglichkeit nicht. Gerade im ersten Jahr nach Ihrer Gründung kann das ein großer Nachteil sein – oder wenn Sie generell hohe Ausgaben für Materialien oder Anschaffungen haben.

Auch kann Ihr Image als Profi leiden, wenn Sie auf Ihren Rechnungen keine Umsatzsteuer ausweisen. Große Firmen schlagen immer die 19 Prozent Steuer auf. Sie sind jedoch verpflichtet, auf Ihren Rechnungen einen Hinweis abzudrucken wie „Gemäß § 19 UStG enthält der Rechnungsbetrag keine Umsatzsteuer“ oder eine ähnliche Formulierung. Das könnte auf Ihre Kundinnen und Kunden unter Umständen eher amateurhaft und weniger vertrauenswürdig wirken.

Umsatzsteuer, Mehrwertsteuer, Vorsteuer – was ist der Unterschied?

Immer, wenn Sie als Unternehmer/in eine Ware oder Dienstleistung verkaufen, fällt Umsatzsteuer an. Das heißt: Die Umsatzsteuer ist die Steuer, die Sie auf Ihren eigenen Rechnungen ausweisen und von Ihren Kunden kassieren. Der aktuelle Steuersatz in Deutschland beträgt 19 Prozent (ermäßigt: 7 Prozent). 

Umgangssprachlich wird die Umsatzsteuer oft als Mehrwertsteuer bezeichnet – dieser Begriff wird jedoch im Steuerrecht nicht mehr offiziell verwendet.

Die Vorsteuer bezeichnet die Umsatzsteuer, die Sie selbst beim Einkauf von Waren oder Dienstleistungen an andere Unternehmen zahlen. Die Idee dahinter: Sie können die gezahlte Vorsteuer mit der eingenommenen Umsatzsteuer verrechnen und nur die Differenz an das Finanzamt überweisen. Dadurch wird die Steuerlast auf den "Mehrwert" begrenzt, den Ihr Unternehmen geschaffen hat.

ÜBRIGENS:

Auch Unternehmer aus anderen EU-Ländern können ab 2025 die deutsche Kleinunternehmerregelung nutzen. Dafür wird ein neues Meldeverfahren eingeführt für das die Bundeszentralamt für Steuern (BZSt) verantwortlich ist.

Der Unterschied zwischen privaten Kunden und Unternehmer-Kunden

Sind Ihre Kunden selbst Unternehmer/innen, lohnt es sich, auf die Kleinunternehmerregelung zu verzichten. Denn Ihre Kunden können die Mehrwertsteuer, die Sie auf Ihren Rechnungen ausweisen, als Vorsteuer zurückholen. Für diese ist es quasi ein durchlaufender Posten. Sie haben zwar mehr bürokratischen Aufwand, aber Sie haben auch den Vorteil, dass Sie Ihre gezahlten Mehrwertsteuern zurückbekommen.

Sind Ihre Kunden Privatpersonen, sieht es anders aus. Denn die können gezahlte Mehrwertsteuer nicht zurückerhalten. Sie sollten daher genau abwägen, ob es sich lohnt, womöglich auf der einen Seite Kundinnen und Kunden wegen der höheren Preise zu verlieren, wenn Sie auf der anderen Seite Ihre Investitionskosten durch die Vorsteuererstattung senken können.

ÜBRIGENS:

Arbeiten Sie freiberuflich beispielsweise für eine private Bildungseinrichtung, die umsatzsteuerbefreit ist, dann können Sie unter Umständen auch als Nicht-Kleinunternehmer/in die Rechnung ohne Umsatzsteuer stellen. Das geht aber nur, wenn Sie die Voraussetzungen des § 4 Nr. 21 UStG erfüllen. Fragen Sie also bei der berufsbildenden Einrichtung nach der Bescheinigung. Sofern die Voraussetzungen nicht erfüllt sind, müssen auch Ihre Rechnungen an die private Bildungseinrichtung die Umsatzsteuer ausweisen.

Achtung beim Wechsel der Besteuerungsart

Die Kleinunternehmerregelung gilt nur, solange Sie unterhalb der Umsatzgrenze bleiben. Überschreiten Sie im laufenden Jahr die 100.000 Euro, fallen Sie automatisch und sofort aus der Regelung. Ab dem nächsten Umsatz werden Sie steuerpflichtig und müssen das auch in Ihrer Rechnung ausweisen. Unter Umständen kann das Ihre Kunden irritieren.

Wer sich hingegen freiwillig entscheidet, auf die Kleinunternehmerregelung zu verzichten, obwohl seine Umsätze unterhalb der Grenze liegen, ist an diese Entscheidung fünf Jahre lang gebunden. Der Schritt will also gut überlegt sein.

Umgekehrt ist der Wechsel vom Kleinunternehmertum zur Regelbesteuerung jederzeit zum Jahresende möglich. Und: Die Kleinunternehmerregelung gilt nicht nur direkt nach der Existenzgründung. Wenn Ihre Umsätze von Jahr zu Jahr schwanken, können Sie immer wieder zum Kleinunternehmer oder zur Kleinunternehmerin werden, sobald Sie die Voraussetzungen erfüllen. Auch mehrmals: Sie können beispielsweise dieses Jahr über den Umsatzgrenzen liegen und „rausfliegen“, nächstes Jahr aber wieder weniger Umsatz machen und in die Kleinunternehmerregelung zurückkehren – natürlich jeweils zum neuen Geschäftsjahr und nach Rücksprache mit dem Finanzamt.

ÜBRIGENS:

Auch als Gesellschaft bürgerlichen Rechts – kurz: GbR – können Sie unter gewissen Voraussetzungen von der Kleinunternehmerregelung profitieren. Was das für Sie auch mit Blick auf Steuern und Ihre Steuererklärung bedeutet, erfahren Sie in unserem Artikel GbR: Wie funktioniert das mit der Steuererklärung?

Wie werden Sie Kleinunternehmer?

Wenn Sie sich entschieden haben, Ihr Glück als Kleinunternehmer/in zu versuchen, genügt zunächst ein formloses Schreiben ans Finanzamt. Sie dürfen dann online den „Fragebogen zur steuerlichen Erfassung (FSE)“ ausfüllen, in dem Sie ankreuzen, welche Unternehmer-Einstufung Sie wählen wollen. Sie müssen außerdem, die normale jährliche Einkommensteuererklärung abgeben. Die monatliche Umsatzsteuer-Voranmeldung und eine jährliche Umsatzsteuererklärung entfällt hingegen. 

Ihren Gewinn ermitteln Sie mit der Einnahmen-Überschuss-Rechnung (EÜR). Zudem müssen Sie als Gewerbetreibende/r die Anlage G ausfüllen. Sind Sie jedoch Freiberufler/in, ist die Anlage S (und nicht die Anlage G) fällig. Wichtig: Die Anlagen EÜR, G und S können nur digital per Elster abgegeben werden.

Wenn Ihre Umsätze über 25.000 Euro steigen und Sie nicht mehr die Voraussetzungen für die Kleinunternehmerregelung erfüllen, wechseln Sie im folgenden Jahr automatisch zur Regelbesteuerung. Das Finanzamt informiert Sie hierüber nicht extra. Sie müssen Ihre Finanzen selbst im Auge behalten und gegebenenfalls Ihre Rechnungen ändern. Denn Sie müssen auf jeden Fall die Umsatzsteuer abführen – egal, ob Sie daran gedacht haben, sie einzunehmen oder nicht.

WICHTIG:

Lohnsteuerhilfevereine dürfen bei Einkünften aus selbstständiger Arbeit nicht beraten. Das regelt das Steuerberatergesetz (Beratungsbefugnis, § 4 Nr. 11 StBerG). Wenn Sie Fragen zu Ihrer Selbstständigkeit haben, wenden Sie sich am besten an einen Steuerberater oder eine Steuerberaterin.

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