Zeitarbeit und Leiharbeit: Diese Kosten können Sie absetzen
25.11.2024Zeitarbeit ist in Deutschland weit verbreitet – allein 2023 gab es rund 796.000 Beschäftigte. Sie arbeiten in vielfältigen Branchen wie Logistik, Metallbearbeitung und vielen anderen. Steuerlich bringt diese Form der Arbeit einige Besonderheiten mit sich, denn wenn Sie als Leiharbeiter/in tätig sind, haben Sie in vielen Fällen Anspruch auf steuerliche Vorteile, beispielsweise bei Fahrtkosten und Verpflegung.
Das Besondere: Leiharbeiter und Zeitarbeiter unterstützen Unternehmen bei Arbeitsspitzen, in Urlaubszeiten oder bei Projekten, die die Stammbelegschaft nicht allein bewältigen kann. Dabei sind sie zwar Angestellte der Zeitarbeitsfirma, erbringen ihre Arbeitsleistung jedoch direkt beim Kunden des Zeitarbeitsunternehmens. Die Zeitarbeitsfirma tritt also als Verleiherin auf und überlässt den Arbeitnehmer oder die Arbeitnehmerin für eine bestimmte Zeit einem Kunden oder einer Kundin. Leiharbeit oder Zeitarbeit wird daher auch etwas umständlich als Arbeitnehmerüberlassung bezeichnet.
ÜBRIGENS:
Es gibt keinen Unterschied zwischen Leiharbeit, Zeitarbeit und Arbeitnehmerüberlassung. Es sind lediglich unterschiedliche Begriffe, die aber das Gleiche meinen.
Steuerliche Vorteile für Leiharbeiter
Leiharbeiter/innen können sehr unterschiedliche Arbeitsverträge mit ihrer Zeitarbeitsfirma haben und oft wechselnde Arbeitsorte, da sie bei verschiedenen Kunden ihres Zeitarbeitsunternehmens tätig sind. Das bringt steuerliche Vorteile mit sich:
- Kilometerpauschale: Für die tägliche Fahrt zu wechselnden Einsatzorten können Sie die sogenannte Dienstreisepauschale (auch Reisekostenpauschale genannt) geltend machen. Das bedeutet, dass Sie jeden gefahrenen Kilometer – Hin- und Rückweg – mit 30 Cent pro Kilometer absetzen können.
- Verpflegungspauschale: Wenn Sie mehr als acht Stunden täglich von Zuhause abwesend sind, haben Sie Anspruch auf Verpflegungsmehraufwand. Das gilt aber nur für die ersten drei Monaten an derselben Einsatzstelle. Bei einem Wechsel des Einsatzortes beginnt die Dreimonatsfrist neu.
Dokumentieren Sie Ihre Einsatzzeiten und -orte sorgfältig, um die steuerlichen Vorteile optimal nutzen zu können!
Wichtig
Die steuerlichen Vorteile wie Kilometerpauschale und Verpflegungspauschbetrag können Sie nur in Anspruch nehmen, wenn Ihre Zeitarbeit eine Auswärtstätigkeit ist. Seit 2014 gilt: Leiharbeiter/innen sind nicht mehr automatisch auswärts tätig, sondern können auch beim Kunden bzw. der Kundin der Zeitarbeitsfirma eine sogenannte erste Tätigkeitsstätte haben. Das hängt von den konkreten Regelungen in Ihrem Arbeitsvertrag ab.
Die Folge: Während bei einer Auswärtstätigkeit die Hin- und Rückfahrt abgesetzt werden können, dürfen Sie bei Fahrten zur ersten Tätigkeitsstätte nur mit der Pendlerpauschale (30 Cent pro Kilometer für den einfachen Weg) rechnen. Das heißt: Ob Sie eine erste Tätigkeitsstätte haben oder nicht, wird im Einzelfall geprüft.
Wann ein Zeitarbeiter dauerhaft beschäftigt ist
Zeitarbeiter/innen die folgende Kriterien erfüllen, können daher nicht von steuerlichen Vorteilen profitieren:
- Sie arbeiten länger als 48 Monate beim selben Kunden oder einer Kundin.
- Sie sind von vornherein für ein zeitlich befristetes Projekt eingestellt worden, das die gesamte Vertragslaufzeit umfasst.
- Sie sind unbefristet beim selben Kunden bzw. einer Kundin tätig ("bis auf Weiteres").
In diesem Zusammenhang ist entscheidend, welche Zuordnung im Arbeitsvertrag mit der Zeitarbeitsfirma festgelegt ist. Hat ein Leiharbeiter beispielsweise einen unbefristeten Vertrag mit einer Zeitarbeitsfirma geschlossen, ist aber befristet bei einer Kundin angestellt, so stimmt die Vertragsdauer zwischen Zeitarbeitsfirma und Kundin nicht überein. Es ist somit keine Dauerhaftigkeit gegeben und die Arbeit bei der Kundin gilt als Auswärtstätigkeit – mit allen Vorteilen.
Ein Beispiel:
Andreas ist Industriemechaniker, wohnt in Tübingen und arbeitet bereits seit ein paar Jahren für eine Zeitarbeitsfirma. Zurzeit ist er als Leiharbeiter bei einem großen Automobilhersteller in Stuttgart tätig. Täglich pendelt er die Strecke von etwa 40 Kilometern. Seine Beschäftigung bei dem Automobilhersteller ist vorübergehend und dauert weniger als 48 Monate. Andreas kann daher die Fahrtkosten nach Stuttgart mit der Dienstreisepauschale absetzen, das heißt: 30 Cent für 80 Kilometer - und das jeden Arbeitstag.
- Würde der Vertrag über die Arbeit bei dem Automobilhersteller einen Zeitraum von mehr als 48 Monaten vorsehen, so läge keine Auswärtstätigkeit vor und der Arbeitsplatz in Stuttgart wäre die erste Tätigkeitsstätte von Andreas. Das heißt: Er könnte nur 40 Kilometer pro Arbeitstag angeben.
- Das gilt auch, wenn er von der Zeitarbeitsfirma für ein befristetes Projekt bei dem Automobilhersteller eingestellt wird und sein Vertrag nach Abschluss des Projektes endet. Es klingt widersprüchlich: Aber steuerlich gesehen, ist die Tätigkeit dann nicht vorübergehend, sondern auf Dauer angelegt.
- Wäre Andreas über die Zeitarbeitsfirma “bis auf Weiteres” bei dem Automobilhersteller beschäftigt und sein Arbeitsvertrag mit der Zeitarbeitsfirma unbefristet, so wäre der Arbeitsplatz in Stuttgart auch seine erste Tätigkeitsstätte. Das heißt: Andreas kann nur die einfache Strecke mit 40 Kilometer in die Steuererklärung eintragen.
Urteil: Erste Tätigkeitsstätte bei Leiharbeit
Das Thema der ersten Tätigkeitsstätte bei Leiharbeitern wurde in mehreren Urteilen grundlegend geklärt, da es erhebliche steuerliche Auswirkungen hat.
Das Finanzgericht Niedersachsen entschied in einem Urteil von 2016, dass die häufige Formulierung “bis auf Weiteres” in Arbeitsverträgen, nicht zu einer unbefristeten Tätigkeit und somit einer dauerhaften Einsatzstelle führen würde. Das bedeutet: Auch Leiharbeiter/innen, die "bis auf Weiteres" in ihrem Vertrag stehen haben, dürfen ihre Fahrten zur Arbeit mit der Dienstreisepauschale absetzen.
Der Bundesfinanzhof entschied daraufhin (VI R 6/17), dass eine erste Tätigkeitsstätte immer im Zusammenhang mit dem Arbeitsverhältnis bewertet werden muss. Das bedeutet: Wird ein/e Leiharbeiter/in für eine befristete Zeit an einem Ort eingesetzt und dann an einen anderen, gilt nur die erste Tätigkeit als „erste Tätigkeitsstätte“. Vorteil: Für jede weitere Einsatzstelle können die kompletten Fahrtkosten (Hin- und Rückfahrt) abgesetzt werden, solange die Tätigkeit vorübergehend bleibt.
Ein Beispiel:
Katja ist bei einer Zeitarbeitsfirma beschäftigt und hat einen befristeten Vertrag. Vom 1.1.2024 bis zum 30.06.2024 arbeitet sie bei einer Firma in Göttingen. Diese Einsatzstelle gilt als ihre erste Tätigkeitsstätte. Ab dem 1.7.2024 bis zum Ende ihres befristeten Dienstverhältnisses ist Katja dann im Werk einer Firma in Hamburg tätig. Hierbei handelt es sich nicht um eine neue erste Tätigkeitsstätte, da die Beschäftigung nur befristet ist. Katja kann für den Hamburg-Einsatz die Fahrtkosten vollständig absetzen.