Alleinerziehend: Steuerklasse II (2) nutzen, Entlastungsbetrag sichern
30.01.2025Inhalt

Insgesamt leben 11,6 Millionen Familien mit Kindern in Deutschland, davon gut 2,6 Millionen Familien oder rund 22 Prozent von Alleinerziehenden, so das Statistische Bundesamt 2022. Es bestätigt damit den bundesweiten Trend zu mehr Alleinerziehenden.
Das bedeutet: Rund 2,2 Millionen Mütter und etwas mehr als 400.000 Väter waren 2022 alleinerziehend in Deutschland. Dabei ist auffallend, dass die Zahl der alleinerziehenden Mütter deutlich höher ist, als die der Väter.
Eine dieser Alleinerziehenden ist Lydia. Sie lebt mit ihrer kleinen Tochter in Köln. Als Single ist die junge Mutter eigentlich der Steuerklasse I (1) zugeordnet. Da der Staat Alleinerziehende mit minderjährigen Kindern allerdings unterstützt, kann Lydia – genau wie andere Alleinerziehende auch – in die Steuerklasse II (2) wechseln und sich den Entlastungsbetrag für Alleinerzeihende sichern. Das geht ab dem Monat der Trennung und dem Umzug in eine neue Wohnung.
Wann ist man steuerlich gesehen alleinerziehend?
Um in den Genuss der Steuervorteile zu kommen, muss Lydia einige Voraussetzungen erfüllen. Nämlich:
- Sie lebt mit ihrem Kind in einer gemeinsamen Wohnung.
- Ihr steht Kindergeld oder der Kinderfreibetrag für das Kind zu.
- Sie lebt nicht in einer sogenannten Haushaltsgemeinschaft mit einer anderen volljährigen Person.
- Sie ist unverheiratet oder lebt dauernd getrennt.
ÜBRIGENS:
Eine Ausnahme bilden volljährige Kinder, für die Ihnen ein Kinderfreibetrag oder Kindergeld zusteht. Diese können bei Ihnen im Haushalt wohnen und dennoch gelten Sie als alleinerziehend. Das Gleiche gilt bei volljährigen Kindern, die ein freiwilliges soziales Jahr, Bundesfreiwilligendienst, freiwilligen Wehrdienst oder eine befreiende Tätigkeit als Entwicklungshelfer leisten.
"Unechte" Alleinerziehende
Als alleinstehend gilt ein/e Steuerpflichtige/r immer nur dann, wenn er oder sie keine Haushaltsgemeinschaft mit einer anderen volljährigen Person bildet. Nur unter dieser Voraussetzung gibt es einen Anspruch auf den Entlastungsbetrag. Wäre der Vater von Lydias Tochter oder beispielsweise ihre Schwester mit Haupt- oder Nebenwohnsitz in Lydias Wohnung gemeldet, würde das Finanzamt vermuten, dass sie mit Lydia und ihrer Tochter gemeinsam wirtschaften und eine Haushaltsgemeinschaft bilden. Dabei ist es egal, dass Lydia unverheiratet ist oder ob die andere volljährige Person einen tatsächlichen oder finanziellen Beitrag zum gemeinsamen Haushalt leistet.
Das heißt auch: Eltern, die in einer nicht ehelichen Lebensgemeinschaften mit einem oder mehreren Kindern zusammen leben, sind immer vom Abzug des Entlastungsbetrags und der Steuerklasse II (2) ausgeschlossen.
Wechsel in Steuerklasse II (2)
Bei Lydia ist es jedoch eindeutig, denn zum Vater ihrer Tochter hat sie keinen Kontakt und eine Mitbewohnerin lebt auch nicht bei ihr. Sie ist also ein "echte" Alleinerziehende.
Um in die Steuerklasse II (2) wechseln zu können, muss Lydia das Formular "Antrag auf Lohnsteuerermäßigung" ausfüllen und bei ihrem Finanzamt abgeben. Das Finanzamt teilt Lydias Arbeitgeber/in den Wechsel über die Änderung der ELStAM mit. Das klappt aber nur, wenn die Personalabteilung die ELStAM auch abruft und abgleicht. Daher hat Lydia zusätzlich eine Mail an die zuständige Mitarbeiterin geschickt, denn sicher ist sicher.
Neu ab 2025: Der Entlastungsbetrag für Alleinerziehende kann bereits im Trennungsjahr anteilig als Lohnsteuerfreibetrag direkt beim monatlichen Lohnsteuerabzug berücksichtigt werden. Bei Trennung am 20. Juli beispielsweise, wird der Entlastungsbetrag anteilig für 6 Monate gewährt. Das gilt ebenso beim Tod des Partners oder der Partnerin. Wäre Lydia verwitwet, stünde ihr der Entlastungsbetrag ab dem Monat zu, in dem ihr Partner verstorben ist. Verstirbt ihr Ehepartner beispielsweise Ende April, gilt der Entlastungsbetrag anteilig ab April.
Eine Besonderheit für Witwer und Witwen ist, dass im Todesjahr und im Folgejahr die Besteuerung in der Steuerklasse III (3) erfolgt, weshalb der Entlastungsbetrag nicht automatisch über die Steuerklasse II (2) berücksichtigt wird. In diesen Jahren kann der Freibetrag aber dennoch über ELStAM eingetragen werden. Ab dem dritten Jahr gilt dann Steuerklasse II (2).
Sollte Lydia einen neuen Partner kennenlernen und mit diesem und ihrer Tochter zusammenziehen, dann muss sie das dem Finanzamt mitteilen. Sie wechselt dann ab dem Monat des Umzugs wieder in Steuerklasse I (1) und bekommt auch keinen Entlastungsbetrag für Alleinerziehende mehr. Dabei ist es egal, ob ihr neuer Partner sich an den Kosten für ihre Tochter beteiligt, denn nur der gemeinsame Haushalt ist entscheidend. Das heißt aber auch, dass Lydia bis zum Monat des Umzugs den Entlastungsbetrag anteilig bekommt.
UNSER TIPP:
Um an das Formular "Antrag auf Lohnsteuerermäßigung" zu kommen, müssen Sie nicht erst den Weg zu Ihrem Finanzamt auf sich nehmen. Denn das Formular steht auch bequem online zum Abruf bereit. Unter folgendem Link können Sie sich das Formular herunterladen und sich den Entlastungsfreibetrag für Alleinerziehende sichern: https://www.formulare-bfinv.de/
Steht Ihnen der Entlastungsbetrag für Alleinerziehende nicht mehr zu, dann müssen Sie das dem Finanzamt sofort mitteilen, sonst droht eine saftige Steuernachzahlung. Stichtag ist der Umzugstag.
Weniger Steuern zahlen durch Entlastungsbetrag
Alleinerziehenden in Steuerklasse II (2) oder als Witwe/r in Steuerklasse III (3) steht der sogenannte Entlastungsfreibetrag für Alleinerziehende zu, umständlich auch Alleinerziehenden-Entlastungsbetrag genannt. 2025 liegt dieser bei 4.260 Euro plus je 240 Euro für jedes weitere Kind. Zwischen 2020 und 2022 konnten Alleinerziehende 4.008 Euro als Entlastungsfreibetrag geltend machen, 2023 waren es 4.260 Euro.
Wichtig: Erhalten Sie den Entlastungsfreibetrag für Alleinerziehende nicht bereits monatlich über die Lohnsteuerklasse II (2), bekommen Sie diesen über die Einkommensteuererklärung. Hier wird der Entlastungsbetrag von der Summe der Einkünfte abgezogen.
ÜBRIGENS:
In unserem Nachbarland Österreich gibt es neben dem Kinderfreibetrag und dem Entlastungsbetrag für Alleinerziehende, der dort allerdings Alleinerzieherabsetzbetrag heißt, auch noch den sogenannten Alleinverdienerabsetzbetrag. Dieser ist als Entlastung für Familien mit mindestens einem Kind gedacht, in denen nur ein Elternteil berufstätig ist beziehungsweise der andere Elternteil sehr geringe Einkünfte hat. Diesen Absetzbetrag für Alleinverdiener gibt es in Deutschland nicht.
Weitere Steuervorteile für Eltern
Darüber hinaus steht Alleinerziehenden – wie allen Eltern in Deutschland – natürlich auch Kindergeld oder der Kinderfreibetrag zu. Was viele nicht wissen: Auch Kosten, die für die Kinderbetreuung anfallen, können in der Steuererklärung eingetragen werden. Dazu gehören beispielsweise Kosten für die Tagesmutter, den Kindergarten oder den Babysitter.
Neue Ehe: Steuerklasse wechseln
Aktuelle Untersuchungen zeigen, dass ein Viertel der Alleinerziehenden innerhalb der ersten drei Jahre den Status "alleinerziehend" wieder verliert, weil sie eine/n neue/n Partner/in finden. Auch Lydia hat zwei Jahre nach der Trennung vom Vater ihrer Tochter einen neuen Partner und wird in wenigen Tagen heiraten. Nach der Hochzeit muss Lydia die Steuerklasse wieder wechseln. Für Verheiratete gibt es dann drei mögliche Steuerklassen-Kombinationen.
Bei der nächsten Steuererklärung gilt für Lydia, dass sie den Alleinerziehendenentlastungsbetrag auch im Jahr der Eheschließung noch für den Zeitraum vor der Hochzeit anteilig geltend machen könnte. Allerdings nur, wenn sie vor der Heirat noch nicht mit ihrem Partner zusammengewohnt hätte. Daneben greift auch das Ehegatten-Splitting zugunsten der Verheirateten. Das heißt: Lydia und ihr Mann können sich im Jahr der Heirat zusammen zur Einkommensteuer veranlagen lassen und trotzdem den Entlastungsfreibetrag für Alleinerziehende anteilig nutzen.