Was sind Zählkinder?
11.01.2024Eins vorweg: Kindergeld bekommt immer nur ein Erwachsener aufs Konto überwiesen – also in der Regel Mutter oder Vater. Im Amtsdeutsch ist das der "vorrangig berechtigte Elternteil". Aber der zweite Elternteil geht nicht ganz leer aus: Das Kind zählt als sogenanntes Zählkind. Nein, das ist kein Schreibfehler. Das Zählkind bezieht sich auf das Verb "zählen" und ist sozusagen eine rechnerische Größe, die bis 2023 Bedeutung hatte.
Wie sieht eine konkrete Beispielrechnung aus?
Wir schreiben das Jahr 2020: Eva und Daniel haben zwei gemeinsame Kinder. Doch die Ehe scheitert. Daniel zieht aus, die Kinder bleiben bei Eva. Sie bekommt 2020 monatlich Kindergeld in Höhe von auf ihr Konto überwiesen:
204 Euro + 204 Euro = 408 Euro.
2022 ist Daniel glücklich mit Nina verheiratet und hat auch mit ihr zwei gemeinsame Kinder – Zwillinge. Die beiden Kinder aus erster Ehe sind nun Zählkinder. Dadurch gelten die die Zwillinge aus der Ehe mit Nina nicht als Kind eins und zwei, sondern als Kind drei und vier. Beantragt Daniel das Kindergeld für seine jüngeren Kinder, sieht die Rechnung für 2022 entsprechend so aus:
225 Euro + 250 Euro = 475 Euro
Fazit: Nina und Daniel bekommen 2022 durch die Zählkinder-Regelung 37 Euro Kindergeld pro Monat mehr. Das sind im Jahr 2022 immerhin 444 Euro.
ÜBRIGENS:
Die Zählkinder-Regelung gilt natürlich auch für gleichgeschlechtliche Ehepartner/innen. Und ebenso bei einer eingetragene Lebenspartnerschaft, werden die Kinder zusammengezählt. Daniel hätte statt Nina also auch einen Mann heiraten können und dennoch dieselben Kindergeldansprüche.
Was bringt mir diese Regelung?
Durch die Zählkinderregelung bekamen Sie bis 2023 mehr Kindergeld, weil sich durch diese die Reihenfolge der Kinder verschieben konnten und so für jüngere Kinder der jeweils höhere Kindergeldsatz gezahlt wurde. Seit 1. Januar 2023 gibt es für jedes Kinder je 250 Euro pro Monat. Das führt dazu, dass die Zählkinderregelung hinfällig geworden ist.
ÜBRIGENS:
Beim Kindergeld kommt es nicht etwa auf die Höhe des Einkommens an, sondern nur auf die Anzahl der Kinder.
Musste man bei der Zählkind-Regelung etwas beachten?
Ja, Sie mussten darauf achten, wer der vorrangig berechtigte Partner ist und somit das Kindergeld bezieht. In unserem Beispiel mit Nina und Daniel musste Daniel der Kindergeldberechtigte für seine Zwillinge sein, damit die Kinder aus erster Ehe als Zählkinder angerechnet werden. Wäre Nina an seiner Stelle, hätte sie nur Kindergeld für die beiden gemeinsamen Kinder bekommen – ohne Rücksicht auf die Zählkinder.
Wie lief das bei einer Patchworkfamilie?
Bei Stieffamilien, neudeutsch Patchworkfamilien genannt, bringen oft beide Partner/innen Kinder mit in die neue Ehe. Dann funktionierte das alles ein bisschen anders. Hier konnte es sich lohnen, eine sogenannte Berechtigtenbestimmung festzulegen. Was das bedeutet, zeigt ein weiteres Beispiel:
Marie ist geschieden und hat aus erster Ehe drei Kinder. Sie heiratet den Witwer Christian, der eine Tochter in die Ehe mitbringt. Marie bekommt 2022 für ihre drei Kinder 663 Euro Kindergeld im Monat, Christian für seine Tochter 219 Euro. Der Patchworkfamilie stehen 2022 also monatlich 882 Euro Kindergeld zu.
Legen die beiden nun durch eine Berechtigtenbestimmung fest, dass Marie auch das Kindergeld für Christians Tochter bekommt, erhöht sich das monatliche Kindergeld. Christians Tochter ist dann rechnerisch das vierte Kind – für das es 250 Euro gibt. Die Familie bekommt also monatlich 913 Euro. Das sind immerhin 31 Euro mehr pro Monat. Aufs Jahr 2022 gerechnet, war das ein Vorteil von 372 Euro.
Und was galt bei einer eingetragenen Partnerschaft?
Nimmt in einer eingetragenen Lebenspartnerschaft eine/r die Kinder des oder der anderen in den Haushalt auf, besteht auch hier ein Anspruch auf Kindergeld. Das hat der Bundesfinanzhof (BFH) 2013 entschieden (Aktenzeichen VI R 76/12). Damit gilt für eingetragene Lebenspartnerschaften die gleiche Regelung wie für Ehepaare: Durch eine Berechtigtenbestimmung kann festgelegt werden, welche Partnerin oder welcher Partner das Kindergeld für alle im Haushalt lebenden Kinder bekommt.
ÜBRIGENS:
Seit 2023 ist das Thema Zählkinder kein wirkliches Thema mehr, denn für jedes Kind gibt es einheitlich 250 Euro – egal ob erstes, zweites oder zehntes.