Überblick

Pauschal oder individuell besteuerte Kapitalerträge

01.07.2024
Eigentlich werden Kapitalerträge oder Zinserträge pauschal mit 25 Prozent besteuert. Eigentlich. Denn es gibt Ausnahmen.

In Deutschland müssen Anleger/innen in der Regel pauschal 25 Prozent Abgeltungssteuer zuzüglich Solidaritätszuschlag und gegebenenfalls Kirchensteuer auf Kapitalerträge bezahlen. Da die Abgeltungssteuer eine sogenannte Quellensteuer  ist, behält Ihr Finanzinstitut die Steuer für Sie ein und überweist die Pauschale direkt an das Finanzamt.

Doch wie so oft im Steuerrecht gilt: keine Regel ohne Ausnahme. In Sachen Abgeltungssteuer gibt es sogar eine Reihe von Ausnahmen, die nicht pauschal, sondern individuell besteuert werden. Das lohnt sich vor allem, wenn der persönliche Steuersatz unter 25 Prozent liegt. Dazu später mehr.

1. Diese Kapitalerträge müssen Sie in Ihrer Steuererklärung eintragen.

Sie werden pauschal mit 25 Prozent versteuert:

a. Ausländische Kapitalerträge

Besitzen Sie ausländische Kapitalanlagen bei einer Bank in Deutschland, werden entsprechende Erträge über die Abgeltungssteuer besteuert. Anders sieht es bei Kapitalanlagen aus, die Sie bei einer Bank im Ausland halten. Diese Kapitalerträge werden nicht über die Abgeltungssteuer erfasst. Stattdessen müssen Sie als Besitzer/in Gewinne beim Verkauf Ihrer Kapitalanlage im Ausland selbst ermitteln und in Ihrer Steuererklärung eintragen. Der Gewinn wird pauschal mit 25 Prozent besteuert. Die im Ausland einbehaltene Quellensteuer wird auf Ihre deutsche Steuerschuld angerechnet. Für Unternehmen ist in diesem Zusammenhang auch unser Artikel Was ist die Zinsschranke interessant.

ÜBRIGENS:

Als “Veräußerung” gilt auch die Einlösung, Rückzahlung, Abtretung oder verdeckte Einlage einer Kapitalanlage in eine Kapitalgesellschaft.

b. Zinserträge nach der Zins-Informationsordnung

Für Zinserträge aus dem Ausland gibt es eine einheitliche Zinssteuer der Europäischen Union (EU). Sie gilt seit dem 1. Juli 2005 und regelt die Besteuerung von Zinserträgen, die an natürliche Personen in einem EU-Mitgliedstaat außerhalb ihres eigenen Wohnsitzstaates gezahlt werden.

Ein Ziel der Zinsbesteuerungsrichtlinie (2003/48/EG des Rates) ist es, der Steuerhinterziehung entgegenzuwirken. Seit dem 1. Juli 2011 beträgt die Zinssteuer 35 Prozent. Erhoben wird sie von

  • Luxemburg, Niederlande und Österreich (EU-Staaten)
  • Schweiz, Liechtenstein, Andorra, Monaco und San Marino (Nicht-EU-Staaten)
  • Guernsey, Jersey, Isle of Man, Virgin Islands, Turks- und Caicosinseln (abhängige
    oder assoziierte EU-Gebiete)

Die einbehalten EU-Zinssteuer wird Ihnen in voller Höhe auf die Steuerschuld angerechnet Haben Sie im Ausland beispielsweise 500 Euro Quellensteuer bezahlt, dann werden diese 500 Euro von Ihrer vom Finanzamt festgesetzten Steuerschuld abgezogen.

UNSER TIPP:

Legen Sie die Steuergutschrift der ausländischen Bank Ihrer Steuererklärung im Original bei. Eine Kopie davon können Sie bei sich zu Hause aufbewahren.

c. Zinsen aus Darlehen zwischen Verwandten

Geben Sie einer verwandten Person, zum Beispiel dem eigenen Ehepartner, ein Darlehen, eine stille Beteiligung oder ein partiarisches – also gewinnabhängiges – Darlehen, müssen Sie die Zinserträge daraus in Ihrer Steuererklärung angeben. Diese können Sie mit dem gesonderten Steuersatz von 25 Prozent versteuern lassen. Das gilt allerdings nur dann, wenn der Darlehensvertrag einem Fremdvergleich standhält, d.h. der Vertrag muss einem üblichen Darlehensvertrag zu einer nicht nahestehenden Person entsprechen.

Ist dies nicht der Fall, gilt Ihre individueller Steuersatz, wenn der Schuldner bzw. die Schuldnerin die an Sie gezahlten Zinsen als Werbungskosten oder Betriebskosten absetzen darf. Mit dieser Regel will das Bundesfinanzministerium verhindern, dass der/die Darlehensnehmer/in die Schuldzinsen mit dem individuellen Steuersatz steuermindernd absetzen kann und der/die Darlehensgeber/in die erhaltenen Zinsen nur mit 25 Prozent Abgeltungssteuer versteuern muss. Weitere Infos zu dem Thema finden Sie hier: Privatkredit: Zinsen unbedingt versteuern.

d. Veräußerung einer Lebensversicherung

Verkaufen Sie Ihre Lebensversicherung an Dritte, müssen Sie den Gewinn in Ihrer Steuererklärung (Anlage KAP) angeben und zu 25 Prozent versteuern lassen. Das Versicherungsunternehmen kann die Abgeltungssteuer zwar nicht selbst erheben, schließlich liegt der Verkaufsvorgang nicht in seiner Hand, aber es wird die zuständige Finanzbehörde über die Umschreibung des Vertrages informieren.

e. Zinsen auf Steuererstattungen

Selten, aber schon vorgekommen: Wenn Sie Ihren Steuerbescheid später als 15 Monate nach dem Steuerjahr erhalten und Ihnen eine Steuererstattung zusteht, bekommen Sie sogenannte Erstattungszinsen. Diese Erstattungszinsen gelten als Kapitalertrag und müssen in der Anlage KAP Ihrer Steuererklärung eingetragen werden. Die Finanzbehörde erhebt dann pauschal 25 Prozent Steuern auf den Betrag.

ÜBRIGENS:

Für den Fall, dass Sie Ihrem verspäteten Steuerbescheid zufolge Steuern nachzahlen müssen, fallen für Sie Nachzahlungszinsen an. Diese darf man leider nicht in der Steuererklärung ansetzen oder gegenrechnen.

 f. Sonderfälle

Auch folgende Kapitalerträge müssen Sie in Ihrer Steuererklärung angeben, die dann pauschal mit 25 Prozent besteuert werden:

  • Zinsen aufgrund eines Darlehens an eine nicht nahestehende Privatperson oder ein Unternehmen
  • Zinsen aus Hypotheken, Grundschulden und Renten aus Rentenschulden sowie Gewinne aus der Übertragung von entsprechenden Rechten
  • Diskontbeträge
  • Gewinne aus Veräußerung einer typisch stillen Beteiligung

Diese Fälle sind allerdings recht speziell. Am besten wenden Sie sich an eine Beraterin oder einen Berater der VLH. Über unsere Beratersuche finden Sie eine Beratungsstelle in Ihrer Nähe.

2. Diese Kapitalerträge müssen Sie in Ihrer Steuererklärung eintragen.

Sie werden mit Ihrem individuellen Steuersatz versteuert:

a. Hälftiger Gewinn aus einer Lebensversicherung

Für eine Lebensversicherung, die Sie nach dem 1. Januar 2005 abgeschlossen haben, müssen Sie in jedem Fall Steuern zahlen. Nur 50 Prozent der Erträge müssen Sie versteuern, wenn

  • der Vertrag mindestens zwölf Jahre gelaufen ist
  • und die Versicherungssumme erst nach Ablauf des 60. Lebensjahres ausbezahlt wird (für Neuverträge ab 2012 nach Ablauf des 62. Lebensjahres).

Trifft eines der beiden Kriterien nicht zu, müssen Sie Ihre Erträge aus der Lebensversicherung voll mit Ihrem individuellen Steuersatz besteuern lassen.

b. Sonderfälle

Darüber hinaus gibt es spezielle Sonderfälle, die Sie in Ihrer Steuererklärung angeben und individuell besteuern lassen müssen. Dazu gehören unter anderem Kapitalerträge, die zu anderen Einkunftsarten gehören, zum Beispiel aus Land- und Forstwirtschaft.

ÜBRIGENS:

Bei Kapitalerträgen, die Sie nach Ihrem individuellen Steuersatz besteuern lassen müssen, können Sie

  • entweder Werbungskosten absetzen (z. B. Schuldzinsen) oder den Sparerpauschbetrag in Höhe von 1.000 Euro (bis 2022 waren es 801 Euro) für Alleinstehende bzw. 2.000 Euro (bis 2022 waren es 1.602 Euro) für Verheiratete anrechnen lassen,
  • Verluste verrechnen und zwar mit positiven Einkünften aus anderen Einkunftsarten,
  • einen verbleibenden Verlust in das Vorjahr zurücktragen oder in das Folgejahr vortragen lassen.

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