Witwenrente: 11 Fakten, die Sie unbedingt kennen sollten
01.07.2024Zusammenfassung
- Anspruch auf Witwenrente, wenn der verstorbene Ehe- oder Lebenspartner in der Regel mindestens fünf Jahre rentenversichert war oder bereits Rente bezog.
- Die Witwenrente muss per Formular bei der Deutschen Rentenversicherung beantragt werden.
- Die Höhe hängt davon ab, ob man die kleine oder große Witwenrente erhält. Die kleine Witwenrente beträgt 25 Prozent der Versichertenrente, die große Witwenrente beträgt 55 Prozent.
- In den ersten drei Monaten nach dem Tod des Partners wird die volle Rente des Verstorbenen ausgezahlt, ohne Einkommensanrechnung.
- Bei Wiederheirat endet die Witwenrente.
Der Tod des Partners oder der Partnerin ist emotional ein schwerer Schlag. Auch wenn der Verlust eines geliebten Menschen durch nichts ersetzt werden kann, soll zumindest die Witwenrente beziehungsweise Witwerrente Hilfe in der schweren Zeit sein und die Existenz sichern. Wir haben die 11 wichtigsten Fakten rund um die Witwenrente und Witwerrente für Sie zusammengestellt.
ÜBRIGENS:
Da für die Witwenrente und die Witwerrente die gleichen Regelungen gelten, ist in diesem Artikel der Einfachheit halber nur noch von der Witwenrente die Rede. Gemeint sind damit beide Renten wegen Todes. Laut dem Institut für Arbeit und Qualifikation der Universität Duisburg-Essen wurden im Jahr 2022 in Deutschland insgesamt 4,5 Mio. Witwenrenten und 0,7 Mio. Witwerrenten ausbezahlt.
Hier ein erster Überblick zum Thema:
Leider ist das Thema Witwenrente sehr komplex. Denn bevor Sie sich über Höhe, Anspruch und Laufzeit der Witwenrente informieren können, müssen Sie zuerst prüfen, ob für Sie die Witwenrente nach altem oder nach neuem Recht gilt.
Sie bekommen Witwenrente nach altem Recht, wenn
- Ihr/e Ehepartner/in vor dem 1. Januar 2002 gestorben ist oder
- Ihr/e Ehepartner/in nach dem 31. Dezember 2001 gestorben ist, Sie aber vor dem 1. Januar 2002 geheiratet haben und eine/r der Ehepartner/innen vor dem 2. Januar 1962 geboren ist.
Sie bekommen Witwenrente nach neuem Recht, wenn
- Sie Ihre/n Ehepartner/in nach dem 31. Dezember 2001 geheiratet haben oder
- Sie früher geheiratet haben, beide Partner/innen aber nach dem 1. Januar 1962 geboren sind.
1. Anspruch auf Witwenrente
Zuerst klären wir die wichtigste Frage: Wer hat Anspruch auf Witwenrente beziehungsweise Witwerrente? Die Witwenrente gibt es, wenn der/die verstorbene Ehepartner/in mindestens fünf Jahre in der Rentenversicherung versichert war – das ist die sogenannte Mindestversicherungszeit –, Ihr/e Partner/in die Wartezeit vorzeitig erfüllt oder bereits eine Rente bezogen hat. Außerdem müssen Sie bis zum Tod Ihres Partners oder Ihrer Partnerin mit ihm oder ihr verheiratet gewesen sein. Es spielt keine Rolle, ob Sie zusammen oder getrennt leben. Außerdem muss die Ehe in der Regel mindestens ein Jahr bestanden haben. Ist die Ehe allerdings rechtskräftig geschieden, für nichtig erklärt, aufgehoben oder Sie waren bisher nur verlobt, gehen Sie leider leer aus.
ÜBRIGENS:
Erfüllen eingetragene Lebenspartner die gleichen Voraussetzungen, haben sie ebenfalls Anspruch auf eine Witwenrente. Entsprechend treffen alle Erklärungen in diesem Text auch auf eingetragene Lebenspartnerschaften zu.
2. Witwenrente beantragen
Eine Hinterbliebenenrente wie die Witwenrente müssen Sie beantragen. Ein Antrag funktioniert wie folgt: Formulare ausfüllen und entweder per Post an die Deutsche Rentenversicherung schicken oder in einer der örtlichen Beratungsstellen der Deutschen Rentenversicherung abgeben. Die Antragsformulare gibt es auf der Webseite der Deutschen Rentenversicherung zum Download.
3. Höhe der Witwenrente
Wie hoch die Witwenrente ausfällt, kommt ganz darauf an, ob Sie Anspruch auf die kleine oder die große Witwenrente haben. Grundsätzlich lässt sich sagen: Bei der kleinen Witwenrente bekommen Sie weniger Geld als bei der großen. Dazu gleich mehr.
4. Das Sterbevierteljahr
Um Ihnen den Übergang auf Ihre veränderte finanzielle Situation zu erleichtern, gibt es für die auf den Sterbemonat folgenden drei Kalendermonate die Witwenrente in voller Höhe der Versichertenrente. Diese drei Monate werden auch „Sterbevierteljahr“ genannt. In dieser Zeit wird auch Ihr eigenes Einkommen nicht angerechnet.
5. Die kleine Witwenrente
Zuerst klären wir die Frage, wer die kleine Witwenrente bekommt. Voraussetzungen sind:
- Sie haben das 47. Lebensjahr noch nicht vollendet.
- Sie sind nicht erwerbsgemindert.
- Sie erziehen kein Kind.
Nun zur Höhe der kleinen Witwenrente. Die deutsche Rentenversicherung prüft zuerst, welchen Rentenanspruch Ihr/e verstorbene/r Ehepartner/in zum Zeitpunkt des Todes gehabt hätte. Davon bekommen Sie dann 25 Prozent als kleine Witwenrente. Ist Ihr/e Ehepartner/in aber leider schon vor dem 65. Geburtstag gestorben, müssen Sie mit einem Abschlag rechnen.
Wichtig auch zu wissen: Die kleine Witwenrente ist auf 24 Kalendermonate nach dem Tod des Ehepartners begrenzt, Sie können also nur zwei Jahre lang mit diesem Geld rechnen. Außer für Sie gilt noch das alte Recht. Dann bekommen Sie die kleine Witwenrente ohne zeitliche Begrenzung.
6. Die große Witwenrente
Auch bei der großen Witwenrente gibt es Voraussetzungen, die Sie erfüllen müssen:
- Sie sind mindestens 46 Jahre und 2 Monate alt
- oder sind erwerbsgemindert
- oder Sie sind nach dem seit 31. Dezember 2000 geltenden Recht berufs- oder erwerbsunfähig
- oder Sie erziehen ein eigenes Kind oder ein Kind des Verstorbenen, das noch nicht 18 Jahre alt ist.
Die genannte Altersgrenze wird jährlich um einen Monat angehoben. Demnach können Hinterbliebene ab 2029 erst ab dem 47. Lebensjahr die große Witwenrente erhalten, sofern nicht eine der anderen Voraussetzungen erfüllt ist.
Folgende Tabelle gibt Auskunft, wie sich die Altersgrenze bis 2029 entwickelt:
Todesjahr Partner/in | Altersgrenze große Witwenrente |
2023 | 46 Jahre |
2024 | 46 Jahre und 2 Monate |
2025 | 46 Jahre und 4 Monate |
2026 | 46 Jahre und 6 Monate |
2027 | 46 Jahre und 8 Monate |
2028 | 46 Jahre und 10 Monate |
2029 | 47 Jahre |
Auch bei der Höhe der großen Witwenrente ist entscheidend, welchen Rentenanspruch Ihr/e verstorbene/r Ehepartner/in gehabt hätte beziehungsweise, wie hoch die Rente war, die er oder sie bereits bezogen hat. Sie bekommen als große Witwenrente 55 Prozent der Versichertenrente. Auch hier gilt: Stirbt Ihr/e Ehepartner/in vor dem 65. Lebensjahr, wird die Witwenrente um einen Abschlag gemindert.
ÜBRIGENS:
Es gibt Besonderheiten für Witwer, Regelungen für den Fall von mehreren Anspruchsberechtigten oder auch einen Kinderzuschlag. Die deutsche Rentenversicherung hat eine Broschüre mit allen Informationen rund um die Witwenrente zum Nachlesen zusammengestellt.
7. Der Rentenabschlag
Wie schon erwähnt, wird Ihre Witwenrente um einen Abschlag gekürzt, wenn Ihr/e Ehepartner/in vor dem 65. Geburtstag stirbt. Wie hoch der Abschlag ausfällt, ist vom Lebensalter abhängig:
- Beginnt die Witwenrente vor dem 62. Geburtstag des/der Verstorbenen, müssen Sie mit einem Abschlag von 10,8 Prozent rechnen.
- Liegt der Beginn der Witwenrente zwischen dem 62. und 65. Geburtstag des/der Verstorbenen, beträgt der Abschlag 0,3 Prozent für jeden Monat vor dem 65. Geburtstag.
8. Das Einkommen wird auf die Witwenrente angerechnet
Sie haben neben der Hinterbliebenenrente noch weitere Einkünfte wie zum Beispiel eine private Rente? Diese Einkünfte werden Ihnen oberhalb eines Freibetrags bis zu 40 Prozent auf die Witwenrente angerechnet – die sogenannte Hinzuverdienstgrenze.
Der Freibetrag für den Hinzuverdienst liegt vom 1. Juli 2023 bis zum 30. Juni 2024 bei 992,64 Euro und 1. Juli 2024 bis zum 30. Juni 2025 bei 1.038 Euro. Er wird in der Regel jährlich erhöht.
Die Rentenversicherung ermittelt von Ihrem Bruttoverdienst das Nettoeinkommen. Nur wenn das Nettoeinkommen den Freibetrag überschreitet, werden vom verbleibenden Nettoeinkommen 40 Prozent auf die Rente angerechnet.
Beim Abzug kommt es schlussendlich darauf an, um welche Einkünfte es sich genau handelt. Bekommen Sie Lohn, werden Ihnen 40 Prozent von der Witwenrente abgezogen. Haben Sie Mieteinnahmen, werden Ihnen grundsätzlich 25 Prozent abgezogen. Darüber hinaus gibt es Einkünfte, die nicht angerechnet werden. Es kommt also auf Ihre individuelle Situation an.
ÜBRIGENS:
Die Witwenrente ist ein sogenannter abgeleiteter Rentenanspruch. Das bedeutet, dass die Witwenrente nicht aus Ihrem eigenen Versicherungsanspruch bezahlt wird, sondern aus der Versicherung des/der Verstorbenen. Das hat eine Konsequenz: Bekommen Sie neben der Witwenrente zum Beispiel zusätzlich eine Altersrente aus Ihrer eigenen Versicherung, zählt diese Rente als Einkommen und wird auf die Hinterbliebenenrente angerechnet.
9. Wiederheirat: Die Rentenzahlung endet
Sowohl die kleine als auch die große Witwenrente endet, wenn Sie wieder heiraten. Und zwar immer mit dem Ablauf des Kalendermonats, in dem Sie heiraten. Heiraten Sie also am 10. April, endet die Witwenrente zum 30. April.
Es gibt aber im Falle einer Wiederheirat die Möglichkeit einer sogenannten Rentenabfindung. Das lohnt sich: Bei der großen Witwenrente beträgt die Rentenabfindung zwei Jahresbeträge der Witwenrente, die Sie in den letzten zwölf Kalendermonaten durchschnittlich bekommen haben. Entscheidend für die Berechnung ist der Rentenbetrag nach der Einkommensanrechnung, aber vor dem eventuellen Abzug von Beiträgen zur Kranken- und Pflegeversicherung. Das Sterbevierteljahr wird bei der Berechnung nicht berücksichtigt. Klingt kompliziert? Ein Beispiel schafft Klarheit:
Witwe Marie bezieht seit Mai 2017 die große Witwenrente. Sie heiratet im Juli 2024 wieder, damit endet Ihre Witwenrente zum 31. Juli 2024. Sie beantragt eine Rentenabfindung. Zur Berechnung der Rentenabfindung ist somit der Zeitraum vom 1. August 2023 bis 31. Juli 2024 entscheidend. In diesem Zeitraum bekam Marie – nachdem Ihr Einkommen angerechnet wurde – im Schnitt 500 Euro Witwenrente. Sie bekommt das 24-Fache der Durchschnittsrente, also 12.000 Euro Rentenabfindung.
Achtung: Bei der kleinen Witwenrente fällt die Abfindung geringer aus, da sie ohnehin nur 24 Monate gezahlt wird. Ausgezahlt wird Ihnen in diesem Fall nur der Restbetrag, also die noch ausstehenden Monatsrenten.
10. Rentensplitting – Alternative zur Witwenrente
Alternativ zur Witwenrente können sich Ehepartner/innen für das sogenannte Rentensplitting entscheiden. Beim Rentensplitting werden die Rentenansprüche aus der Ehezeit zu gleichen Teilen untereinander aufgeteilt. Das lohnt sich vor allem für den/die Partner/in, der/die geringere Rentenanwartschaften hat. Aber: Haben Sie sich für das Rentensplitting entschieden, gibt es keinen Weg zurück zur Witwenrente.
Bevor Sie sich zwischen Witwenrente und Rentensplitting entscheiden, müssen Sie einen Blick in die Glaskugel werfen: Welche/r Ehepartner/in wird der/die Hinterbliebene sein? Wie sieht dann das Einkommensverhältnis aus? Die Deutsche Rentenversicherung kann Ihnen anhand von Proberechnungen zeigen, wie hoch Ihre Altersrente nach dem Rentensplitting sein kann und wie hoch Ihre Witwenrente sein kann. Dort können Sie das Rentensplitting auch beantragen.
Alle Voraussetzungen für das Rentensplitting und viele weitere Informationen finden Sie in der Broschüre „Rentensplitting – partnerschaftlich teilen“ der Deutschen Rentenversicherung.
11. Witwenrente und Steuererklärung
Steuerlich gesehen gelten für die Witwenrente die gleichen Regeln wie für eine reguläre Altersrente: Rentner/innen kommen in den Genuss eines Rentenfreibetrags – ein Teil der Rente bleibt also steuerfrei. Das Jahr des Renteneintritts bestimmt die Höhe des Rentenfreibetrags. Ausführliche Informationen zum Rentenfreibetrag, den Steuersätzen für Rentner und ab wann Sie eine Steuererklärung abgeben müssen, finden Sie in unserem Artikel Wann muss ich als Rentner Steuern zahlen?
Sie sehen: Das Thema Witwenrente ist unheimlich komplex, es kommt stark auf den Einzelfall an. Deshalb kann Ihnen dieser Artikel auch nur einen ersten Überblick liefern und hat keinen Anspruch auf Vollständigkeit. Bei Fragen und Unsicherheiten rund um die Witwenrente ist die Deutsche Rentenversicherung die richtige Partnerin für Sie.