Behindertengerechter Umbau: So setzen Sie die Kosten ab
23.09.2024Eine schwere Krankheit oder ein Unfall können das ganze Leben verändern und sind nicht selten Ursache einer Behinderung. Betroffenen ist es oft nicht mehr möglich, ohne fremde Hilfe oder Umbaumaßnahmen in den eigenen vier Wänden den Alltag zu meistern. Die Kosten für ein barrierefreies Bad, einen Treppenlift oder einen Fahrzeugumbau können schnell in die Höhe schießen.
Immerhin: Wer zwangsläufig und notwendigerweise barrierearm umbauen muss, kann nicht nur mit Zuschüssen vom Staat rechnen, sondern auch einen Teil der Kosten in der Steuererklärung eintragen – und zwar als außergewöhnliche Belastung.
Es gibt allerdings zwei Einschränkungen:
- Bekommen Sie einen Zuschuss von der Pflegekasse für den behindertengerechten Umbau, müssen Sie die Erstattungen von Ihren Kosten abziehen.
- Nur die Kosten, die nach Abzug der Erstattungen oder Zuschüsse übrig bleiben und die eine sogenannte zumutbare Belastung überschreiten, dürfen Sie von der Steuer absetzen.
Achtung: Dies gilt nicht für öffentlich geförderte Maßnahmen, für die zinsverbilligte Darlehen oder steuerfreie Zuschüsse in Anspruch genommen werden.
Behindertengerechter Fahrzeugumbau
Schwenksitz, Lenkhilfen wie ein Drehknopf im Auto oder Rollstuhlrampe: Dank neuester Technik können viele Menschen mit Behinderung im Alltag mobil bleiben. Doch das ist kein billiges Vergnügen. Falls weder die Krankenkasse noch die Pflegekasse die Kosten übernehmen, kann die behindertengerechte Umrüstung eines Pkws von der Steuer abgesetzt werden. Seit Mai 2010 erlaubt das Bayerische Landesamt für Steuern sogar den Abzug der Kosten in voller Höhe im Jahr der Zahlung – also alles auf einen Schlag (Aktenzeichen S 2284.1.1-2/6 St 32).
Zuvor musste man die Ausgaben für den Fahrzeugumbau über mehrere Jahre hinweg abschreiben und dabei die Kosten auf die Restnutzungsdauer des Fahrzeugs verteilen. Bei einem Neuwagen geht das Finanzamt davon aus, dass man ihn sechs Jahre lang nutzt. Die Umbaukosten musste man also auf sechs Jahre gleichmäßig aufteilen und jedes Jahr in der Steuererklärung eintragen. Das ist heute nicht mehr so.
ÜBRIGENS:
Die Kosten für den behindertengerechten Umbau einer Motoryacht können Sie nicht von der Steuer absetzen. Das entschied der Bundesfinanzhof bereits vor mehreren Jahren (Beschluss vom 15.07.2015, VI R 30/14). Im Gegensatz zu einem behindertengerechten Bad oder einer Rollstuhlrampe entstehen die Kosten für den Umbau einer Yacht nicht zwangsläufig. Es handelt sich “in erster Linie um frei gewähltes Konsumverhalten”, so die Richterinnen und Richter.
Auch der Umbau des zum Haus gehörenden Gartens lässt das Finanzgericht nicht als außergewöhnliche Belastung durchgehen (BFH-Urteil vom 26.10.2022, VI R 25/20). Die Absetzbarkeit außergewöhnlicher Belastungen diene dem Ziel, “zwangsläufige Mehraufwendungen für den existenznotwendigen Grundbedarf zu berücksichtigen”, begründeten die Richterinnen und Richter. Und das sei bei einem Garten nicht der Fall – er sei keine existenziell notwendige Aufwendung.
Behindertengerechter Umbau am Haus
Menschen mit Behinderung benötigen oft eine barrierefreie Wohnung. Doch die wenigsten Wohnungen oder Häuser sind bereits behindertengerecht, dementsprechend stehen kleinere oder größere Umbaumaßnahmen an. Die Kosten dafür sind in der Regel als außergewöhnliche Belastung absetzbar.
Erstritten hat dieses Recht ein Mann, der 1999 nach einem Schlaganfall stark gehbehindert war. Statt in ein Pflegeheim zu ziehen, wollte er zusammen mit seiner Frau im eigenen Haus bleiben. Dazu ließen die beiden ihr Einfamilienhaus umbauen: Eine Rollstuhlrampe, ein behindertengerechtes Bad und die Umwandlung des Arbeitszimmers in ein Schlafzimmer – Kostenpunkt damals um die 140.000 D-Mark, also etwa 70.000 Euro.
Weil die Krankenkasse keinen Euro davon bezahlte, gab das Ehepaar die Summe in seiner Steuererklärung als außergewöhnliche Belastung an. Doch das zuständige Finanzamt lehnte ab. Begründung: Laut Gesetz sei die Absetzbarkeit solcher Kosten ausgeschlossen, wenn der Steuerpflichtige durch seine Ausgaben einen "Gegenwert" erhalte.
Doch ein körperlich schwer Beeinträchtigter lässt sein Haus nicht aus Lust am Luxus behindertengerecht umbauen, wie der BFH 2009 entschied (Urteil vom 22.09.2009, VI R 7/09). Der erlangte Gegenwert trete im konkreten Fall in den Hintergrund, so die Richter/innen.
Anschaffungskosten für ein größeres Grundstück
Im Gegensatz dazu steht ein weiteres Urteil des BFH in Sachen Grundstückkauf: Die Anschaffungskosten für ein größeres Grundstück entstehen nicht zwangsläufig, weil ein Mensch krank oder behindert ist. Die Wohnungsgröße sei vielmehr frei gewählt. Daher könne der Kläger die Kosten für ein gröeres Grundstück nicht als außergewöhnliche Belastung absetzen (Urteil vom 17.07.2014, VI R 42/13).