Zahnarztkosten: So setzen Sie eine hohe Rechnung ab
30.05.2024Werner ist ein typischer "Best Ager": Der 66-Jährige ist internetaffin, sportbegeistert und seit kurzem stolzer Besitzer eines brandneuen Motorrads. Kein Zipperlein plagt den umtriebigen Rentner, einzige Schwachstelle sind – trotz Zahnprophylaxe – seine Zähne. "Das hab‘ ich von meiner Mutter", seufzt Werner immer dann, wenn ihm seine Freunde einen Spezialisten empfehlen oder gut gemeinte Tipps zur Zahnpflege geben.
Im letzten Jahr war es dann soweit: Werner ließ sich von seinem Zahnarzt ein Zahnimplantat einsetzen. Stolze 1.900 Euro lautete die Rechnung für die Rekonstruktion seines Zahns. Werners erste Frage lautete: "Wie viel davon übernimmt meine Krankenkasse?"
Krankenkassen-Zuschuss: 50 Prozent der Standardlösung
Die gesetzlichen Kassen gewähren einen "befundbezogenen Festzuschuss" von 50 Prozent der Kosten für eine Standardlösung. Anders gesagt: Jede/r Versicherte erhält bei gleichem Befund den gleichen Betrag. Entscheidet sich Werne also für eine kostspieligere Behandlungsmethode, muss er die Differenz zum Kassenzuschuss selbst zahlen.
Immerhin bezuschussen Krankenkassen auch den Einsatz von Implantaten. Für Werner heißt das: Ob er sich für eine Brücke, eine Krone oder ein Zahnimplantat entscheidet, seine Kasse zahlt ihm den Festzuschuss für die Regelversorgung.
Befundbezogene Festzuschüsse
Wie hoch die befundbezogenen Festzuschüsse für eine zahnmedizinische Versorgung sind, bestimmt der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) im Leistungskatalog für die gesetzliche Krankenversicherung (GKV). Als oberstes Beschlussgremium der Selbstverwaltung von Ärzten, Zahnärzten, Psychotherapeuten, Krankenhäusern und Krankenkassen in Deutschland legt der G-BA damit für mehr als 70 Millionen Versicherte fest, in welcher Höhe bestimmte medizinische Versorgungsleistungen von den Kassen erstattet werden.
Rechenbeispiel: 375 Euro Zuschuss für 1.900 Euro-Zahnimplantat
Bevor sich Werner sein Zahnimplantat vom Zahnarzt einsetzen ließ, schickte er den Heil- und Kostenplan seines Zahnarztes an die Krankenkasse. In diesem Plan stand, welches medizinische Problem bei Werner vorlag, für welche Behandlung er sich entschieden hatte und wie viel das kosten sollte. Wenige Tage später antwortete seine Krankenkasse und teilte ihm seinen befundbezogenen Festzuschuss mit:
- 750 Euro setzte seine Kasse für die Regelversorgung einer Zahnlücke an, wie sie bei Werner vorlag.
- Davon erhält Werner 50 Prozent als Festzuschuss – also nur 375 Euro.
- 1.525 Euro musste Werner selbst bezahlen.
ÜBRIGENS:
Wäre Werner in den letzten fünf Jahren regelmäßiger zur Zahnprophylaxe, also zur Kontrolluntersuchung beim Zahnarzt, gegangen, hätte er sich einen Extra-Bonus seiner Krankenkasse in Höhe von 20 Prozent sichern können. Stichwort Bonusheft.
Eigenanteil: Komplett von der Steuer absetzen
Als Werner das Antwortschreiben seiner Krankenkasse erhalten hatte, war er mehr als enttäuscht. Nur 375 Euro Zuschuss – damit hatte er nicht gerechnet. Trotzdem entschied er sich für das kostspielige Implantat.
Zwei Dinge überzeugten Werner davon, sich für eine hochwertigere zahnmedizinische Versorgung zu entscheiden: Erstens gewährte ihm sein Zahnarzt eine Ratenzahlung und zweitens konnte er die 1.525 Euro als außergewöhnliche Belastung von der Steuer absetzen.
Private Zahnzusatzversicherung?
Leider hat Werner keine private Zahnzusatzversicherung für Implantate abgeschlossen und jetzt ist es dafür zu spät. Denn hat der Zahnarzt bereits eine Empfehlung ausgesprochen, so zahlt die Zusatzversicherung in der Regel für die laufenden Behandlungen nicht. Die Beiträge für die private Zahnzusatzversicherung hätte Werner übrigens als Vorsorgeaufwendungen in die Steuererklärung eintragen können.
Alle selbst bezahlten Kosten absetzen
Für Werner, wie für alle anderen Patienten und Patientinnen auch, gilt: Vom Zahnersatz über Zahnimplantate bis zum Knochenaufbau können alle selbst bezahlten Kosten in der Steuererklärung angegeben werden. Leider gehört die professionelle Zahnreinigung nicht dazu - die ist Privatsache.
ÜBRIGENS:
Ob Sie die Kosten für eine professionelle Zahnreinigung steuerlich geltend machen können, erfahren Sie hier: PZR: Professionelle Zahnreinigung von der Steuer absetzen?
Außergewöhnliche Belastung: Kosten auf einen Schlag angeben
Noch bevor Werner sich das Implantat von seinem Zahnarzt einsetzen ließ, überlegte er: Sollte er die Ratenzahlung an seinen Zahnarzt über zwei Jahre verteilen? Und dementsprechend in zwei Steuererklärungen angeben? Oder wäre es sinnvoller, alle Kosten in einem einzigen Jahr zu zahlen und abzusetzen?
UNSER TIPP:
Zahlen Sie hohe Zahnarztrechnungen innerhalb eines Jahres, damit Sie die Kosten auf einen Schlag in Ihrer Steuererklärung angeben können. Das Gleiche gilt für alle anderen Ausgaben, die zu den außergewöhnlichen Belastungen zählen, wie zum Beispiel die Rechnung Ihres Kieferorthopäden oder andere Krankheitskosten.
Denn bei außergewöhnlichen Belastungen müssen Sie zunächst eine bestimmte Summe überschreiten, bevor Sie Geld absetzen können. Diese Summe wird die zumutbare Eigenbelastung genannt und anhand von Faktoren wie Familienstand oder Anzahl der Kinder berechnet.
Weil Ihre zumutbare Eigenbelastung jedes Jahr neu berechnet wird, müssen Sie jedes Jahr aufs Neue die finanzielle Grenze überschreiten. Liegen Sie über Ihrer zumutbaren Belastungsgrenze, wirkt sich jeder einzelne Euro steuerlich aus. Liegen Sie allerdings nur einen Cent unter Ihrer Eigenbelastung, können Sie gar nichts absetzen.
Deshalb: Sammeln Sie alles, was als außergewöhnliche Belastung gilt und setzen Sie Ihre Kosten auf einen Schlag ab. Weitere Details dazu erfahren Sie in unserem Steuer ABC: Was sind außergewöhnliche Belastungen?