Kind im Wechselmodell: Wer bekommt den Entlastungsbetrag für Alleinerziehende?
18.02.2025
In Deutschland keine gesetzliche Regelung speziell für das Wechselmodell
Die Eltern haben sich getrennt, es gibt zwei verschiedene Wohnungen, und dennoch verbringt das Kind mit jedem Elternteil gleich viel Zeit: Lebt ein Kind nach einer Trennung der Eltern zu gleichen oder zumindest annähernd gleichen Teilen im Wechsel bei beiden Elternteilen, spricht man von einem paritätischen Wechselmodell. Vor allem in skandinavischen Ländern ist dieses Modell weit verbreitet – und sogar gesetzlich verankert. Ebenso unter anderem in den Niederlanden, in Belgien, Frankreich, Italien und Spanien.
In Deutschland existiert (noch) keine gesetzliche Regelung speziell für das Wechselmodell. Das heißt aber nicht, dass dieses Modell ausgeschlossen ist. Im Rahmen der bestehenden Rechtslage ist es möglich und wird von zahlreichen Eltern praktiziert. Auch wenn es im Vergleich zu anderen europäischen Ländern noch nicht so stark verbreitet ist: Im jüngsten Familienbericht wird der Anteil getrennter Eltern mit Kindern im Wechselmodell auf 5 bis 10 Prozent beziffert, wie aus einer Pressemitteilung des Bundesfamilienministeriums hervorgeht.
Kann jeder den halben Entlastungsbetrag für Alleinerziehende bekommen?
Folgendes Szenario: Ein Paar mit einem minderjährigen Kind trennt sich, fortan lebt jeder der beiden ohne neuen Partner oder neue Partnerin und ohne erwachsene Mitbewohnerinnen oder Mitbewohner in einer eigenen Wohnung. Die Eltern praktizieren das Wechselmodell, das Kind lebt eine Woche bei der Mutter und eine Woche beim Vater, es besteht Anspruch auf Kindergeld oder den Kinderfreibetrag. Somit sind letztendlich beide Elternteile alleinerziehend. Und Alleinerziehende profitieren unter bestimmten Voraussetzungen von einem steuerlichen Entlastungsbetrag – und zwar aktuell in Höhe von 4.260 Euro.
Paritätisches Wechselmodell, also alles halbe-halbe: Wird dann auch der Entlastungsbetrag für Alleinerziehende geteilt? Die Antwort lautet nein. Denn im Steuerrecht ist eine Teilung des Entlastungsbetrags für Alleinerziehende nicht vorgesehen. Erfüllen beide Elternteile die Voraussetzungen dafür, müssen sie untereinander festlegen, wem dieser zustehen soll. Können sie sich nicht einigen, wird der Entlastungsbetrag dem Elternteil zugeordnet, an den das Kindergeld überwiesen wird. Dieses kann ebenfalls nicht zur Hälfte an beide ausgezahlt werden, sondern nur an eine Person.
BFH: Entlastungsbetrag kann nur bei einer Person angerechnet werden
Der Bundesfinanzhof, das oberste Gericht für Steuerangelegenheiten, hat jüngst in einem Urteil bekräftigt, dass nur ein Elternteil den steuerlichen Entlastungsbetrag für Alleinerziehende in Anspruch nehmen kann. Vorausgegangen war die Klage eines Vaters. Er und die Mutter des Kindes praktizierten das paritätische Wechselmodell, das Kind wechselte wochenweise. Der Mann beantragte mit seiner Steuererklärung, dass ihm der hälftige Entlastungsbetrag für Alleinerziehende gewährt wird. Doch sowohl das Finanzamt als auch das anschließend angerufene Thüringer Finanzgericht lehnten das ab. Der Mann ging in Revision, und so landetet der Fall in letzter Instanz beim Bundesfinanzhof.
Der BFH bestätigte die vorherigen Entscheidungen. Tenor des Urteils: Erfüllen bei annähernd gleichwertiger Haushaltsaufnahme des Kindes beide Elternteile die Voraussetzungen für den Entlastungsbetrag für Alleinerziehende, müssen diese selbst regeln, wer ihn erhalten soll. Treffen sie dazu keine Entscheidung, steht er demjenigen zu, an den das Kindergeld ausgezahlt wird. Eine Aufteilung des Entlastungsbetrags sei rechtlich nicht möglich – und dies verstoße entgegen der Auffassung des Klägers auch im Falle eines paritätischen Wechselmodells nicht dem im Grundgesetz verankerten Gleichheitsgebot (BFH-Urteil III R 1/22).

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Steffen Gall
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