Erbschaftssteuer: Wir beantworten die wichtigsten Fragen
31.05.2024Eine unvorstellbare Zahl: Rund 9,3 Milliarden Euro hat der Staat 2023 dank der Erbschaftssteuer eingenommen, so die Zahlen vom Statistischen Bundesamt. Doch was ist die Erbschaftssteuer, wann muss man diese Steuer zahlen und wie läuft das mit der Steuererklärung? Wir haben die Antworten auf die wichtigsten Fragen für Sie zusammengestellt.
Was ist die Erbschaftssteuer?
Die Erbschaftssteuer ist eine sogenannte Erbanfallsteuer. Das bedeutet, dass diese Steuer erst fällig wird, wenn ein Vermögenswert einer verstorbenen Person – zum Beispiel Geld oder eine Immobilie – an die Erbenden übergeht.
Wird Erbschaftssteuer immer fällig?
Nein, nicht jede/r Erbe/Erbin muss automatisch auch Erbschaftssteuer zahlen. Grundsätzlich gilt: Je enger Sie mit dem/der Verstorbenen verwandt waren, desto höher ist der Freibetrag, der Ihnen zusteht. Stirbt zum Beispiel Ihr Ehepartner, liegt der Freibetrag bei 500.000 Euro. Ist das Erbe nicht höher als 500.000 Euro, müssen Sie in der Regel keine Erbschaftssteuer zahlen.
Wem steht welcher Freibetrag zu?
Entscheidend für die Höhe des Freibetrags im Falle einer Erbschaft sind sogenannte Steuerklassen. Nicht zu verwechseln mit der Lohnsteuerklasse, mit der die monatliche Lohnsteuer für Angestellte und Beamte berechnet wird.
Die Aufteilung sieht wie folgt aus:
Steuerklasse | Erbe ist / sind | Freibetrag |
---|---|---|
I | Eheleute / Lebenspartner/innen | 500.000 Euro |
I | Kinder, Stiefkinder und Adoptivkinder; Enkelkinder, deren Eltern verstorben sind | 400.000 Euro |
I | Enkel | 200.000 Euro |
I | Urenkel; für Eltern und Großeltern beim Erwerb durch Erbschaft | 100.000 Euro |
II | Geschwister, Nichten, Neffen, Stiefeltern, Schwiegerkinder, Schwiegereltern, geschiedene/r Partner/in | 20.000 Euro |
III | Sonstige Personen wie Freunde und Paten usw. | 20.000 Euro |
Für entfernte Verwandte oder Bekannte ist eine Erbschaft also nur bis zu einer Höhe von 20.000 Euro steuerfrei, während enge Verwandte von einem Freibetrag von bis zu 500.000 Euro profitieren können.
ÜBRIGENS:
Bei einem Freibetrag muss nur versteuert werden, was über dem Freibetrag liegt. Erben Sie also von Ihrer Ehepartnerin 600.000 Euro, sind 500.000 Euro dank Freibetrag steuerfrei, nur die restlichen 100.000 Euro müssen versteuert werden.
Wie hoch ist die Erbschaftssteuer?
Wie viel Erbschaftssteuer Sie zahlen müssen, ist zum einen abhängig von Ihrem Verwandtschaftsgrad und der damit verbundenen Steuerklasse, zum anderen von der Höhe des Erbes. Je höher das Erbe ist, desto höher klettert auch der Steuersatz. Im Überblick:
Wert des steuerpflichtigen Erbes bis einschließlich | Prozentsatz in Steuerklasse | ||
---|---|---|---|
I | II | III | |
75.000 Euro | 7 | 15 | 30 |
300.000 Euro | 11 | 20 | 30 |
600.000 Euro | 15 | 25 | 30 |
6.000.000 Euro | 19 | 30 | 30 |
13.000.000 Euro | 23 | 35 | 50 |
26.000.000 Euro | 27 | 40 | 50 |
über 26.000.000 Euro | 30 | 43 | 50 |
Während bei engen Verwandten wie Ehepartnerinnen und Kindern in der Steuerklasse I die Steuersätze nur moderat ansteigen, müssen entfernte Verwandte und Freundinnen im Erbfall deutlich tiefer in die Tasche greifen. Ein Beispiel macht den Unterschied deutlich:
- Ilses Ehemann stirbt. Er hinterlässt ihr 600.000 Euro. Da die beiden verheiratet waren, steht Ilse ein Freibetrag in Höhe von 500.000 Euro zu. Sie muss also nur 100.000 Euro versteuern – in ihrem Fall mit 11 Prozent. Ilse zahlt also 11.000 Euro Erbschaftssteuer.
- Wäre Ilse nicht verheiratet gewesen und ihr Partner hätte ihr 600.000 Euro hinterlassen, stünde ihr nur ein Freibetrag von 20.000 Euro zu. Sie müsste also 580.000 Euro versteuern – und das mit 30 Prozent. Ilse würde also 174.000 Euro Erbschaftssteuer zahlen.
Gibt es auch Ausnahmen, die steuerfrei sind?
Tatsächlich gibt es bei der Erbschaftssteuer auch Ausnahmen in Form von zwei weiteren Freibeträgen, die Erbende zusätzlich zum persönlichen Freibetrag nutzen können:
- Einen Freibetrag für Hausrat. Für enge Verwandte der Steuerklasse I ist Hausrat bis zu einem Wert von 41.000 Euro steuerfrei.
- Einen Freibetrag für bewegliche Gegenstände wie Kunst, ein Auto oder ein Boot. Enge Verwandte profitieren von Steuerfreiheit bei einem Wert von bis zu 12.000 Euro.
Für entfernte Verwandte und Bekannte in Steuerklasse II und III ist der Fiskus weniger spendabel: Es gibt nur einen Freibetrag in Höhe von bis zu 12.000 Euro für Hausrat und bewegliche Gegenstände wie beispielsweise Möbel oder Autos.
ÜBRIGENS:
Hatte ein/e Erblasser/in Steuerschulden beim Finanzamt, müssen diese von den Erbenden beglichen werden. Mehr dazu und zu weiteren Pflichten erfahren Sie in unserem Artikel Kann man Steuerschulden erben?
Was gilt für vererbte Immobilien?
Immobilien nehmen in Sachen Erbschaftssteuer eine Sonderstellung ein. Denn für enge Verwandte in Steuerklasse I müssen gilt: Die Immobilie ist steuerfrei, wenn der/die Verstorbene das Wohneigentum bis zu seinem Tod selbst genutzt hat und der Erbe oder die Erbin die Immobilie dann selbst mindestens zehn Jahre lang bewohnt.
Ist der Erbe der Ehepartner oder die Ehepartnerin, gilt diese Regelung ohne Flächenbegrenzung – es spielt also keine Rolle, wie groß die Immobilie ist. Erbt das Kind des Verstorbenen das Wohneigentum und bewohnt es selbst, darf die Wohnfläche maximal 200 Quadratmeter betragen, damit das Erbe steuerfrei bleibt.
Doch Vorsicht: Lässt sich man sich zu viel Zeit mit dem Einzug in die geerbte Immobilie, ist der Steuervorteil futsch. Das Finanzgericht Münster erkannte die Steuerbefreiung eines Sohnes nicht mehr an. Er hatte mehr als drei Jahre für die Renovierung vom Vater geerbten des Hauses gebraucht. Die Begründung vom Finanzgericht: Die Immobilie ist nicht unverzüglich selbst genutzt worden sei (3 K 3184/17).
ÜBRIGENS:
Wer die Erbschaftssteuer für seine Erben und Erbinnen umgehen will und schon zu Lebzeiten sein Vermögen verschenkt, muss die Geschenke vor allem zeitlich genau planen – denn sonst wird Schenkungssteuer fällig.
Berliner Testament
Das Prinzip eines Berliner Testaments ist recht schnell erklärt: Ehepartner/innen setzen sich gegenseitig als Erben ein, erst danach kommen die Kinder als sogenannte Schlusserben.
Vorteil des Berliner Testaments ist, dass der/die Partner/in nach dem Todesfall gut versorgt ist. Doch für die Kinder hat es – je nach Höhe des Erbes – einen entscheidenden Nachteil: Da die Schlusserben das Vermögen von beiden Elternteile auf einen Schlag erben, kann es sein, dass das Erbe den Freibetrag in Höhe von 400.000 Euro übersteigt und entsprechend Erbschaftssteuer fällig wird. Je höher das Erbe, desto höher der Steuersatz – für die Kinder kann es also ganz schön teuer werden.
Was muss ich beachten, wenn ich eine geerbte Immobilie verkaufe?
Sie möchten nicht in der vererbten Immobilie wohnen, sondern verkaufen? Dann ermittelt das Finanzamt den Wert der Immobilie, indem es den sogenannten Verkehrswert zugrunde legt. Der Verkehrswert ist der Preis, den die Immobilie bei einem Verkauf vermutlich erzielen würde.
Wichtig: Das Finanzamt schaut sich das Haus selbst nicht an, sondern orientiert sich an Durchschnittswerten. Ist die Immobilie deutlich weniger wert, zum Beispiel weil das Haus grundlegend saniert werden muss, lassen Sie die Immobilie von einem Bausachverständigen vor Ort bewerten. Den ermittelten Wert geben Sie dann ans Finanzamt weiter.
Welche Fristen gelten bei der Erbschaftssteuer?
Sobald Sie von einer Erbschaft erfahren haben, müssen Sie sich grundsätzlich innerhalb von drei Monaten beim Erbschaftsteuer-Finanzamt melden. Es reicht ein formloses Schreiben, in dem Sie folgende Angaben machen:
- Vorname, Familienname und Steuer-Identifikationsnummer, Beruf sowie Anschrift von Erblasser/in und Erbe/Erbin
- Todestag und Sterbeort
- Gegenstand und Wert des Erbes
- Persönliches Verhältnis wie zum Beispiel der Verwandtschaftsgrad
- Frühere Schenkungen des Erblassers bzw. der Erblasserin
ÜBRIGENS:
Auf ein Schreiben an das Finanzamt können Sie verzichten, wenn das Erbe auf einem gerichtlichen oder notariell eröffneten Testament oder Erbvertrag beruht und das Erbe weder Grundbesitz, Betriebsvermögen, Anteile an Kapitalgesellschaften oder Auslandsvermögen enthält. Enthält das Erbe Grundbesitz & Co. müssen Sie immer das Erbe beim Finanzamt anzeigen.
Wie finde ich das zuständige Erbschaftsteuer-Finanzamt?
Das zuständige Finanzamt finden Sie dort, wo der/die Verstorbene zum Zeitpunkt des Todes lebte. Aber Achtung: Nicht jedes Finanzamt ist auch für die Erbschaftsteuer zuständig. Auf den Internetseiten der Finanzverwaltung finden Sie – je nach Bundesland – das passende Erbschaftsteuer-Finanzamt. Tipp: Geben Sie in der Suchmaschine „Erbschaftsteuer Finanzamt Wohnort“, so finden Sie das passende Finanzamt in Ihrer Nähe.
Muss ich nach einem Erbe eine Steuererklärung ausfüllen?
Jeder, der geerbt hat, kann vom Finanzamt zur Abgabe einer Steuererklärung aufgefordert werden – egal, ob die Erbschaftssteuer zu zahlen ist, oder nicht. In der Regel fordert das Finanzamt allerdings nur zu einer Steuererklärung auf, wenn es Erbschaftssteuer vermutet.
Sie bekommen dann per Nachricht die entsprechenden Steuererklärungsvordrucke und eine Frist für die Einreichung der Steuererklärung. Das Finanzamt räumt Ihnen üblicherweise mindestens einen Monat Zeit ein. Können Sie diese Frist nicht halten, bitten Sie um eine Fristverlängerung. Verstreicht die Frist ohne Verlängerung, kann das Finanzamt einen Verspätungszuschlag festsetzen.
ÜBRIGENS:
Die VLH darf Sie aus gesetzlichen Gründen nicht zum Thema Erbschaftssteuer beraten oder die Erbschaftsteuererklärung für Sie erstellen. Bei Fragen wenden Sie sich bitte an einen Steuerberater oder eine Steuerberaterin.