Steuer-ABC

Kann mir das Finanzamt die Steuerschulden erlassen?

25.11.2024
Sie haben Schulden beim Finanzamt und wissen nicht, wie Sie diese bezahlen sollen? Unter Umständen kommt für Sie ein Erlass oder eine Niederschlagung der Steuerschuld in Frage.

Sie schulden dem Finanzamt eine höhere Summe als Steuernachzahlung, haben aber im Moment nicht die finanziellen Mittel dafür. Dann können Sie um eine Stundung bitten. Aber was ist, wenn Sie auch auf absehbare Zeit nicht in der Lage sein werden, Ihre Steuerschuld zu begleichen? In dem Fall ist unter bestimmten Voraussetzungen ein Erlass oder eine sogenannte Niederschlagung möglich. Beide Möglichkeiten wird das Finanzamt natürlich nicht von sich aus in Betracht ziehen.

Erlass der Steuerschuld oder Niederschlagung

Einen Erlass der Steuerschuld können Sie selbst beantragen. Eine Niederschlagung aber ist eine interne Maßnahme des Finanzamts, auf die Sie keinerlei Rechtsanspruch haben.

Sowohl ein Erlass als auch eine Niederschlagung sind an zahlreiche Bedingungen geknüpft. Machbar ist ein Erlass der gesamten Steuerschuld oder eines Teils davon – etwas besser stehen die Chancen auf einen Erlass von Stundungszinsen. Bei der Niederschlagung bleibt die Steuerschuld im Gegensatz zum Erlass bestehen. Das Finanzamt verzichtet in dem Fall lediglich darauf, die Schulden einzutreiben, kann dies aber jederzeit wieder rückgängig machen. 

ÜBRIGENS:

Wenn Sie Schulden beim Finanzamt haben, sollten Sie das Thema nicht auf die lange Bank schieben. Denn dadurch wird die ganze Angelegenheit nur noch teurer. Auch wenn Sie nicht in der Lage sind, die Steuerschuld zu begleichen, sollten Sie sich mit dem Finanzamt in Verbindung setzen, Ihre Situation erläutern und betonen, dass Sie an einer Lösung des Problems interessiert sind.

Wann ist ein Erlass von Steuerschulden möglich?

Die Begründung, unter welchen Umständen Ihnen das Finanzamt Ihre Schulden erlassen kann, finden Sie in der Abgabenordnung unter Paragraf 227: „Die Finanzbehörden können Ansprüche aus dem Steuerschuldverhältnis ganz oder zum Teil erlassen, wenn deren Einziehung nach Lage des einzelnen Falls unbillig wäre; unter den gleichen Voraussetzungen können bereits entrichtete Beträge erstattet oder angerechnet werden.“ Doch was heißt „unbillig“, was sind „Billigkeitsgründe“?

Ob Billigkeitsgründe vorliegen beziehungsweise eine Unbilligkeit zu erkennen ist, liegt im Ermessen des Finanzamts. Grundsätzlich kann das Finanzamt sogar von sich aus eine sogenannte Billigkeitsprüfung vornehmen und gegebenenfalls einen Erlass der Steuerschuld gewähren. In der Praxis sieht es aber so aus: Sie müssen einen Antrag auf Schuldenerlass beim Finanzamt stellen, erst dann folgt einen Billigkeitsprüfung – also eine Prüfung, ob es angemessen ist, Ihnen die Steuerschuld zu erlassen.

Wer kann einen Erlass der Steuerschuld beantragen?

Einen Antrag auf Schuldenerlass beim Finanzamt kann theoretisch jede/r Steuerpflichtige stellen. Jedoch sollten hinreichende Gründe vorliegen, ehe Sie sich zu diesem Schritt entschließen. Liegt der Grund bei Ihnen selbst beziehungsweise Ihrer finanziellen Situation, dann kommt ein Erlass aus persönlichen Gründen in Frage. Man spricht in dem Fall von „persönlicher Unbilligkeit“ oder „persönlichen Billigkeitsgründen“. Statt persönlicher können auch sachliche Gründe oder eine „sachliche Unbilligkeit“ vorliegen. Dieser Artikel konzentriert sich aber auf den persönlichen Aspekt.

Damit ein Antrag auf Schuldenerlass aus persönlichen Gründen eine Chance hat, vom Finanzamt bewilligt zu werden, müssen strenge Anforderungen erfüllt sein. So muss etwa eine sogenannte Erlassbedürftigkeit vorliegen, wenn die wirtschaftliche Existenz des Antragstellers oder der Antragstellerin bedroht ist. Grundsätzlich kann Betroffenen vonseiten des Finanzamts aber auch eine Kreditaufnahme oder eine Teilliquidation seines möglicherweise vorhandenen Vermögens zugemutet werden. Letztlich muss der bzw. die Steuerschuldner/in nachweisen, dass er bzw. sie unverschuldet in seine wirtschaftliche Schieflage geraten ist. Zudem muss er bzw. sie in der Vergangenheit „Steuerehrlichkeit“ bewiesen haben.

Was sollte ein Antrag auf Steuerschulderlass beinhalten?

Wenn Sie beim Finanzamt einen Antrag auf Schuldenerlass einreichen, müssen Sie das schriftlich machen. Sie sollten erklären, warum Ihre wirtschaftliche Existenz gefährdet ist, falls Sie die Steuerschuld bezahlen müssen und dafür entsprechende Unterlagen anhängen. 

Listen Sie zum Beispiel Ihre Einnahmen und Ausgaben auf und liefern Sie Belege, die deutlich machen, dass Sie den Ihren Lebensunterhalt nicht mehr bestreiten können, falls Ihnen die Schulden beim Finanzamt nicht erlassen werden. Vielleicht haben Sie sogar erfolglos versucht, einen Kredit aufzunehmen, um die Steuerschulden zu begleichen. Auch das können Sie dem Finanzamt mitteilen.

Unser Tipp: Sich beraten lassen!

Bei Zahlungsschwierigkeiten sollten Sie, so früh wie möglich das Finanzamt kontaktieren und nach Ihren Möglichkeiten fragen. Die VLH erstellt für ihre Mitglieder nicht nur die Einkommensteuererklärung, sondern übernimmt auch die gesamte Kommunikation mit dem Finanzamt und legt im Zweifel Einspruch ein. Eine Beratungsstelle finden Sie auch in Ihrer Nähe.

Wie wird ein Antrag auf Schulderlass vom Finanzamt geprüft?

Das Finanzamt ist dazu verpflichtet, Ihren Antrag auf Schuldenerlass zu prüfen. Wichtig: Auch Einkünfte eines eventuellen Ehepartners oder einer Lebenspartnerin sowie Einkünfte von Kindern werden dabei berücksichtigt. Nur wenn das Finanzamt tatsächlich eine absolute wirtschaftliche Notlage bei Ihnen erkennt, hat Ihr Antrag Chancen auf eine Bewilligung.

Unter die Lupe genommen wird aber nicht nur die Bedürftigkeit des Antragstellers bzw. der Antragstellerin, sondern auch die sogenannte Erlasswürdigkeit. Soll heißen: Haben Sie Ihre Zahlungsunfähigkeit durch Ihr Verhalten selbst herbeigeführt oder zeigen keinerlei Bemühen, Ihre Situation langfristig wieder zu verbessern, wird Sie das Finanzamt sehr wahrscheinlich als „erlassunwürdig“ einstufen.

Kommt das Finanzamt zu dem Schluss, dass sowohl eine Erlassbedürftigkeit als auch eine Erlasswürdigkeit vorliegt, hat es zwei Möglichkeiten: Es kann Ihnen die gesamten Schulden oder einen Teil davon erlassen. Im ersten Fall verzichtet der Gläubiger, also das Finanzamt, jetzt und in Zukunft komplett auf die betreffende Steuerschuld. Im zweiten Fall verzichtet er auf einen Teilbetrag.

Können auch Zinsen vom Finanzamt erlassen werden?

Eine weitere Variante: Statt eines Antrags auf Schuldenerlass können Sie auch einen Antrag auf Erlass von Stundungs- oder Säumniszinsen stellen. Wenn Sie beispielsweise in der Lage sind, die „normalen“ Steuerschulden zu begleichen, Sie aber finanziell überfordert wären, wenn Sie auch noch die Zinsen berappen müssten. Auch diesen Antrag müssen Sie natürlich begründen, um eine Chance auf eine positive Entscheidung des Finanzamts zu haben. Hier ist dann ebenfalls ein kompletter Erlass oder zumindest ein Teilerlass der Stundungszinsen möglich.

Ob Sie nun einen Erlass beziehungsweise Teilerlass der Steuerschuld oder der Stundungszinsen beantragen, in beiden Fällen gilt Folgendes: Lehnt das Finanzamt Ihren Antrag ab, können Sie gegen die Entscheidung Einspruch einlegen. Wird auch dieser abgewiesen, bleibt noch der Gerichtsweg.

Was ist eine Niederschlagung von Steuerschulden im Vergleich zum Erlass?

Eine Niederschlagung von Steuerschulden ist eine interne Vorgehensweise des Finanzamts, die der oder die Steuerpflichtige weder beantragen noch verlangen kann. Sie wird also von Amts wegen geprüft. Laut Abgabenordnung (Paragraf 261) dürfen Ansprüche niedergeschlagen werden, wenn klar ist, dass eine Erhebung der Steuerschuld keinen Erfolg haben wird oder wenn die Kosten der Erhebung in keinem vernünftigen Verhältnis zum zu erhebenden Betrag stehen.

Die Niederschlagung ist im Gegensatz zum Erlass eine befristete oder unbefristete Zurückstellung der weiteren Verfolgung eines fälligen Anspruchs. Soll heißen: Die Schulden werden Ihnen nicht erlassen, das Finanzamt verzichtet lediglich darauf, das Geld bei Ihnen einzutreiben, weil es keine Erfolgsaussichten sieht oder die Kosten dafür im Verhältnis zu den Schulden zu hoch wären. Zudem kann das Finanzamt die Niederschlagung auch wieder rückgängig machen und Sie doch noch zur Kasse bitten. Eine weitere Rechtsverfolgung ist bei einer Niederschlagung also nicht ausgeschlossen.

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