Steuer ABC

Steuererklärung auf dem Bierdeckel – was heißt das?

31.10.2024
Sie haben vielleicht schon mal den Begriff „Steuererklärung auf dem Bierdeckel“ gehört. Wir erklären, was dahintersteckt.

Das deutsche Steuerrecht ist sehr komplex und für Otto Normalverbraucher oder Lieschen Müller entsprechend kompliziert. Eine Einkommensteuererklärung korrekt auszufüllen, kann ein hartes Stück Arbeit bedeuten. Wäre es nicht wunderbar, das Ganze in wenigen Rechenschritten erledigen zu können? Und zwar in so wenigen, dass alles auf einen Bierdeckel passt?

Genau das stellte 2003 der heutige Bundesvorsitzende der CDU Friedrich Merz den Bürgerinnen und Bürgern in Aussicht. Dank seiner Ideen zur Vereinfachung des Steuersystems werde künftig die Größe eines Bierdeckels für eine Steuererklärung reichen, soll er gesagt haben. Damit war der Begriff der "Steuererklärung auf dem Bierdeckel" geboren und geisterte lange Zeit durch alle Medien.

Wird die Idee der Steuererklärung auf dem Bierdeckel noch verfolgt?

Nein, das wird sie nicht. Allerdings hält sich der Begriff hartnäckig und taucht auch heute noch regelmäßig auf, wenn es um das komplizierte deutsche Steuerrecht geht. Wobei Merz inzwischen bemüht ist zu betonen, dass er damals nicht gemeint habe, eine Steuererklärung müsse auf einen Bierdeckel passen. Vielmehr habe er gesagt, dass den Bürgern und Bürgerinnen ein Bierdeckel mit seiner kleinen Größe ausreichen müsse, um die Höhe ihrer Steuerschuld darauf ausrechnen zu können. Weil die Rechnung entsprechend unkompliziert wäre, wenn seine Ideen realisiert würden.

Was war das Ziel der Steuererklärung auf dem Bierdeckel?

Es ging damals um eine Vereinfachung des Steuersystems oder genauer gesagt: der Einkommensteuer. Und Merz war weder der Erste noch wird er der Letzte gewesen sein, der eine solche Vereinfachung im Sinn hatte beziehungsweise hat. Das Merzsche Konzept sah nur noch drei Steuersätze vor: 12 Prozent bei Einkommen zwischen dem damaligen Grundfreibetrag von 8.000 Euro und 16.000 Euro im Jahr, 24 Prozent bei höheren Einkommen bis 40.000 Euro und 36 Prozent bei Einkommen über 40.000 Euro. Dafür sollten viele Steuervergünstigungen wie die Pendlerpauschale ersatzlos gestrichen werden. Und statt der sieben Einkunftsarten im deutschen Steuerrecht sollte es nur noch deren vier geben.

Gab es Kritik an der Steuererklärung auf dem Bierdeckel?

Ja, die gab es – und zwar von vielen Seiten. Manche Kritiker behaupteten, bei dem von Merz vorgeschlagenen Steuersystem würden vor allem Besserverdienende profitieren. Das verstoße gegen das Prinzip der Steuergerechtigkeit, also dass jede und jeder Abgaben entsprechend seiner wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit zu erbringen habe. Andere waren der Meinung, dass viele Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer durch den Wegfall verschiedener Freibeträge benachteiligt würden. Und schließlich wurde auch angemahnt, dass die Einnahmen des Staats massiv sinken würden, da Merz keine Gegenfinanzierung geliefert habe.

Gibt es noch eine bekannte Idee zur Reform des Steuersystems?

Ja, und zwar von Paul Kirchhof. Der Jurist, unter anderem auf dem Gebiet des Steuerrechts, hatte 2005 vorgeschlagen, eine Einkommensteuer von 25 Prozent für alle Bürgerinnen und Bürger einzuführen. Damals gehörte der ehemalige Verfassungsrichter dem Kompetenzteam für den Wahlkampf der Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) an.

Aus Kirchhofs Vorschlägen wurde bekanntlich nichts. Aber 2011 meldete er sich mit neuen Ideen zur Reform des Steuerrechts zu Wort. Als Beispiel zwei davon: Aus den mehr als 200 Steuergesetzen sollte ein einziges Gesetz werden, und die fast 40 Steuerarten könnten auf vier reduziert werden (Einkommensteuer, Erbschafts- und Schenkungssteuer, Umsatzsteuer, Verbrauchsteuer). Kirchhofs 2011 erschienenes "Bundessteuergesetzbuch – Ein Reformentwurf zur Erneuerung des Steuerrechts" umfasst fast 1.300 Seiten.

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