Steuernachzahlung – Was tun?
25.11.2024Die Steuererklärung ist abgegeben und Sie sehen sich von der üppigen Rückzahlung schon Urlaub unter Palmen machen? Tatsächlich führen die allermeisten Steuererklärungen zu einer Erstattung von zu viel gezahlten Steuern. Die jüngsten Zahlen dazu stammen aus dem Jahr 2021. Damals gaben 14,3 Millionen Angestellte eine Steuererklärung ab und 12,6 Millionen von ihnen erhielten eine Rückerstattung.
Manchmal jedoch gibt es eine bittere Enttäuschung: Das Finanzamt fordert eine Steuernachzahlung.
Wie kommt es zu einer Steuernachzahlung?
Hatten Sie bisher immer eine Steuerrückerstattung und plötzlich flattert eine Steuernachzahlung ins Haus? Dafür kann es mehrere Gründe geben:
- Geringere Werbungskosten:
Wenn Ihre beruflichen Ausgaben die Werbungskostenpauschale nicht überschreiten, fällt die Rückerstattung in der Regel geringer aus – oder bleibt ganz aus. Das passiert zum Beispiel, wenn Ihre Pendelstrecke zur Arbeit nach einem Umzug kürzer geworden ist oder Sie weniger Ausgaben für Arbeitskleidung oder Weiterbildungen hatten. - Wegfall außergewöhnlicher Belastungen:
Auch der Wegfall von regelmäßig geltend gemachten außergewöhnliche Belastungen, wie Krankheitskosten oder Pflegekosten für Angehörige, kann eine Rolle spielen. - Gestiegenes Einkommen:
Ein höheres Einkommen bedeutet auch eine höhere Steuerlast, was zu einer Nachzahlung führen kann. - Falsche Steuerklassenkombination:
Bei Ehepaaren mit der Steuerklassenkombination 3/5 kommt es oft vor, dass Nachzahlungen fällig werden, weil die Steuerlast nicht gleichmäßig verteilt wird.
Diese Beispiele zeigen: Es gibt viele individuelle Faktoren, die Ihre Steuererstattung beeinflussen können. Ein genauer Blick auf Ihre Steuerunterlagen hilft, die Gründe zu finden.
Wie erkenne ich, ob das Finanzamt alles anerkannt hat?
Wenn Ihr Steuerbescheid anders ausfällt als erwartet, werfen Sie einen Blick auf den Erläuterungsteil – den Text am Ende des Bescheids. Hier erklärt das Finanzamt, ob es von Ihren Angaben abgewichen ist und warum.
Oft steht dort, welche Belege nicht berücksichtigt wurden oder wie bestimmte Posten anders bewertet wurden. Der Erläuterungsteil bringt Licht ins Dunkel der Zahlen auf der ersten Seite und gibt Ihnen eine Begründung für Abweichungen.
Ist ein Einspruch sinnvoll?
Gegen den Steuerbescheid können Steuerzahler/innen innerhalb eines Monats Einspruch einlegen. Das ist sinnvoll, wenn der Sachbearbeiter oder die Sachbearbeiterin beim Finanzamt Sonderausgaben oder Werbungskosten nicht anerkannt hat.
Ist tatsächlich nur ein Formfehler aufgetreten, wie ein Zahlendreher oder eine übersehene Quittung, dann genügt oft auch ein Antrag auf schlichte Änderung. Mit einem Einspruch oder Änderungsantrag erreichen Sie, dass Ihre Steuererklärung ganz oder teilweise neu geprüft und vom Finanzamt geändert wird.
Ist der Steuerbescheid aber in Ordnung, dann hilft es nichts. Sie müssen zahlen. Auch ein Einspruch oder ein Antrag auf schlichte Änderung haben grundsätzlich keine aufschiebende Wirkung. Spätestens zum Fälligkeitstag, der im Bescheid zu finden ist, müssen Sie die geforderte Summe erst einmal überweisen. Selbst wenn das Finanzamt sich geirrt hat, erhalten Sie Ihr Geld erst nach der Klärung des Falles zurück.
Die Ausnahme: Sie haben Einspruch eingelegt und einen Antrag auf "Aussetzung der Vollziehung" gestellt. Wenn das Finanzamt diesem Antrag zustimmt, müssen Sie die Nachzahlung vorerst nicht überweisen. Sollten Sie am Ende doch zur Zahlung verdonnert werden, kommen allerdings zur ursprünglichen Summe noch Zinsen hinzu.
ÜBRIGENS:
Unter bestimmten Voraussetzungen können Sie Ihre Steuererklärung zurückziehen und dadurch möglicherweise eine Nachzahlung vermeiden. Mehr dazu erfahren Sie in unserem Artikel Steuererklärung zurückziehen – geht das?
Kann ich um Aufschub bitten?
Was tun, wenn die Steuernachzahlung dann ins Haus flattert, wenn Sie einen finanziellen Engpass haben? Das Finanzamt kann Steuerschulden "ganz oder teilweise stunden, wenn die Einziehung bei Fälligkeit eine erhebliche Härte für den Schuldner bedeuten würde und der Anspruch durch die Stundung nicht gefährdet erscheint" – so steht es in Paragraph 222 der Abgabenordnung.
Mit anderen Worten heißt das: Wenn Sie belegen können, dass die Steuernachzahlung Sie in große finanzielle Schwierigkeiten bringt, kann das Finanzamt Ihnen einen Zahlungsaufschub gewähren. Voraussetzung: Es ist sicher, dass Sie Ihre Schulden später auch wirklich begleichen können. Die Stundung kann komplett erfolgen oder nur für einen Teil der Summe. Außerdem kann das Amt Ihnen auch eine Ratenzahlung erlauben.
ÜBRIGENS:
Sollten Sie auf Mahnungen nicht reagieren, kann das Finanzamt auch zum Mittel der Pfändung greifen. Mehr dazu erfahren Sie in unserem Artikel Lohnpfändung und Kontopfändung: Was darf das Finanzamt? Und was müssen Sie tun?
Theoretisch können Ihnen Steuerschulden sogar erlassen werden. Mehr dazu erfahren Sie in unserem Artikel Kann mir das Finanzamt die Steuerschulden erlassen?
Wie beantrage ich die Stundung der Steuernachzahlung?
Für eine Stundung müssen Sie einen Antrag an das Finanzamt schicken. Das ist nicht rückwirkend möglich – stellen Sie ihn also rechtzeitig, bevor die Nachzahlung fällig ist! Der Antrag kann formlos sein. Es genügt, wenn Sie einen Brief, eine E-Mail oder eine Nachricht via ELSTER schreiben.
In Ihrem Antrag müssen Sie die Gründe beschreiben, warum Sie momentan Ihre Steuerschulden nicht begleichen können. Ein möglicher Grund wäre, dass Sie Ihren sonstigen finanziellen Verpflichtungen wie Miete oder Unterhalt nicht nachkommen können, wenn Sie die Nachzahlung bezahlen müssten.
Möchten Sie eine Ratenzahlung vereinbaren, sollten Sie dies in Ihrem Antrag unbedingt angeben und am besten einen Tilgungsplan dazulegen. Darin schlagen Sie vor, wie Sie die Steuerschuld in regelmäßigen Raten bezahlen möchten. Ein realistischer und zeitnaher Tilgungsplan erhöht Ihre Chancen, dass das Finanzamt Ihrem Antrag zustimmt. Wichtig: Zahlen Sie eine vereinbarte Rate nicht rechtzeitig, kann das Finanzamt die Stundung beenden – und die gesamte Restschuld wird sofort fällig.
Muss ich das Geld überweisen?
Vielleicht haben Sie sich über das Finanzamt geärgert und träumen davon, Ihre Schulden in einzelnen Cent Münzen bar zu begleichen. Doch es ist leider nicht möglich, beim Amt einzumarschieren und eine Schubkarre voll Kupfergeld abzuladen. In der Abgabenordnung steht, dass Zahlungen an die Steuerbehörde unbar zu leisten sind. Sie können bestenfalls bei einem Kreditinstitut bar einzahlen, bei dem das Finanzamt ein Konto hat. Doch vermutlich werden Sie dann zusätzlich Einzahlungsgebühren hinblättern müssen.
Noch besser: Sie erteilen dem Finanzamt ein Lastschriftmandat. Das ist praktisch, weil damit keine Zahlungen verpasst werden. So vermeiden Sie zusätzliche Säumniszuschläge wegen vergessener Überweisungen.
Bei eine Überweisung ist es wichtig, den Verwendungszweck richtig anzugeben:
- die Steuernummer
- den Verwendungszweck, also die Abkürzung ESt für Einkommensteuer
- den Zeitraum, also zum Beispiel 2021.
Muss ich Zinsen zahlen?
Zahlen Sie Ihre Schulden erst nach dem Fristdatum im Steuerbescheid, entsteht automatisch ein Säumniszuschlag. Er beträgt ein Prozent der geforderten Summe pro Verspätungsmonat.
Normalerweise muss die fällige Steuer genau an dem Tag beim Finanzamt gutgeschrieben sein, der im Steuerbescheid angegeben ist. Nur bei Überweisungen gilt noch eine sogenannte Schonfrist von drei Tagen. Der Sinn: Überweisen Sie erst am Tag der Fälligkeit, kommt das Geld noch rechtzeitig an.
Achtung:
Verwechseln Sie nicht den Säumniszuschlag mit dem Verspätungszuschlag. Der Verspätungszuschlag ist eine Strafe für eine zu spät abgegebene Steuererklärung.
Der Säumniszuschlag dagegen fällt per Gesetz automatisch an, sobald Sie Ihre Schulden beim Fiskus zu spät begleichen, und zwar unabhängig davon, ob es Ihr Verschulden ist oder nicht.
Steuernachzahlungen werden außerdem verzinst, allerdings erst ab dem 16. Monat nach der Fälligkeit der Steuer. Mehr zum Thema erfahren Sie in unserem Artikel: 1,8 Prozent Zinsen auf Steuerschulden.