Abgabenordnung: Das müssen Sie wissen
31.10.2024Geballtes Steuerwissen auf rund 2.000 Seiten und in mehr als 400 Paragraphen: Das ist die Abgabenordnung, kurz AO. Die Abgabenordnung ist das elementare Gesetz des deutschen Steuerrechts. Deshalb wird sie auch gerne Steuergrundgesetz genannt.
Ein weiterer Name für die Abgabenordnung ist "Mantelgesetz". Warum? Nun, die Abgabenordnung regelt ganz grundsätzlich, wie Steuern festzusetzen und wann sie zu entrichten sind. Die Abgabenordnung ist allgemeines Steuerrecht – sie gibt den Rahmen für alle Steuerarten vor. Im Gegensatz dazu regeln die einzelnen Steuergesetze – wie zum Beispiel das Einkommensteuergesetz – ganz konkret die Entstehung und Berechnung der jeweiligen Steuer.
Gliederung der Abgabenordnung
Die AO ist in neun Teile gegliedert:
1. Einleitende Vorschriften:
Im ersten Teil werden steuerliche Grundbegriffe definiert, die für alle Steuerarten gelten – zum Beispiel Begriffe wie “Wohnsitz” oder “Finanzbehörde”. Wichtiger Baustein der einleitenden Vorschriften ist die Verarbeitung personenbezogener Daten und das Steuergeheimnis.
2. Steuerschuldrecht:
Teil zwei der AO klärt das Verhältnis zwischen Steuerschuldner/innen und Staat. Es wird unter anderem genau festgelegt, was ein/e Steuerpflichtige/r ist, welche Zwecke steuerbegünstigt sind und unter welchen Voraussetzungen eine Person für die Steuerschuld einer anderen Person haftet.
3. Allgemeine Verfahrensvorschriften:
Der dritte Teil ist dem Grundsatz der Gleichmäßigkeit und Gesetzmäßigkeit der Besteuerung gewidmet. Mitwirkungspflichten, Auskunftspflichten, Fristen und Termine, um nur einige der Themen zu nennen.
4. Durchführung der Besteuerung:
Der Kern der Abgabenordnung ist der vierte Teil. Hier wird das „Wie“ der Steuerfestsetzung geregelt, also welche Form und Frist eine Steuerfestsetzung hat und was das für den Steuerpflichtigen bedeutet.
5. Erhebungsverfahren:
Wann wird eine Steuer fällig und muss gezahlt werden? Welche Folgen hat eine verspätete Zahlung? Kann eine Steuer gestundet oder sogar aus Billigkeitsgründen erlassen werden? Wie steht es um Verzinsung und Säumniszuschläge? Diese Fragen werden im fünften Teil der AO beantwortet.
6. Vollstreckung:
Wenn fällige Steuern nicht gezahlt werden, kann die Finanzbehörde zum Mittel der Zwangsvollstreckung greifen. Grundlage für die Vollstreckung kann zum Beispiel ein Steuerbescheid sein. Davon handelt Teil sechs der AO.
7. Außergerichtliche Rechtsbehelfsverfahren:
Der siebte Teil dreht sich vor allem um das Thema Einspruch. Darin ist unter anderem geregelt, dass das Einspruchsverfahren kostenfrei und die erfolglose Durchführung eines Einspruchs die Voraussetzung für die Klage vor einem Finanzgericht ist.
8. Straf- und Bußgeldvorschriften / Straf- und Bußgeldverfahren:
Der achte Abschnitt widmet sich den Konsequenzen bei Steuervergehen. Darunter schwerwiegende Straftaten wie Steuerhinterziehung und Ordnungswidrigkeiten wie Steuerverkürzungen.
9. Schlussvorschriften:
Im neunten und letzten Teil wird geklärt, inwiefern Grundrechte wie das Briefgeheimnis und die Unverletzlichkeit der Wohnung durch steuerliche Maßnahmen eingeschränkt werden können.
Entwicklung der Abgabenordnung
Im Jahr 1918 fasste die Reichsschatzkammer den Entschluss, ein Mantelgesetz für das Steuerrecht zu schaffen. Bereits ein Jahr später trat die Reichsabgabenordnung (RAO) in Kraft. Als Verfasser der RAO gilt der Jurist Enno Becker.
Erst am 1. Januar 1977 löste die Abgabenordnung die RAO ab. Deshalb stolpert man auch heute ab und an noch über die Abkürzung AO 1977. Tatsächlich ist die Abkürzung AO schon seit 2006 amtlich.